Physik – wer allein bei diesem Wort und bei der Erinnerung an furchtbare Unterrichtsstunden und schlechte Noten in der Schulzeit jetzt schon zusammenzuckt, der sollte trotzdem weiterlesen. Denn Aeneas Rooch, ein Bochumer Physiker, Mathematiker und Wissenschaftsjournalist, hat sich daran gemacht, physikalische Phänomene nicht nur für Laien verständlich, sondern dazu auch noch höchst amüsant zu erklären.
Lesungen mit Knalleffekt
In regelmäßigen Radiosendungen wie „Die Durchblicker“ (WDR) oder „Achtung Physik“ (BR) erforscht er Phänomene aus den Bereichen Mathematik, Physik und Technik. Daraus ist nun ein Buch geworden: „Rubbel die Katz oder wie man Wasser biegt“ heißt es und entführt seine Leser in die „Wunderbare Welt der Alltagsphysik“. Die Premierenlesung fand standesgemäß in Rochs Heimatstadt statt. „Ich bin schon ein wenig aufgeregt“, verrät Aeneas Rooch wenige Tage vor der Premiere, denn es ist die erste Lesung überhaupt aus diesem Buch. „Und natürlich soll es gerade hier in Bochum besonders gut werden.“ Doch nicht nur für Bochum soll gelten: Wer eine Veranstaltung mit Rooch besucht, wird mehr geboten bekommen als eine reine Lesung. Die Besucher sollen nicht nur zuhören, sondern an einigen Experimente teilhaben, wie sie im Mittelpunkt des Buches stehen: Viele Rätsel des Alltags, so macht Rooch in knapp 30 Kapiteln und mit ebenso vielen Experimenten zum Nachmachen deutlich, gehen auf physikalische Phänomene zurück und lassen sich so recht einfach erklären.
Physik und Alkohol
So geht es in den einzelnen Kapiteln seines Buches etwa darum, wie man eine Weinflasche auch ohne Korkenzieher entkorken kann, warum aus einer Bierflasche beim Öffnen Dampf entweicht oder warum Champagner aus der Flasche spritzt. „Stimmt“, lacht der Absolvent der Ruhr-Uni, „viele der Beispiele haben mit Alkohol zu tun.“ Das sei aber Mitnichten der Tatsache geschuldet, dass Physiker vermehrt zu Alkoholismus neigten: „Tatsächlich zeigen sich aber viele physikalische Phänomene im Zusammenhang mit Flüssigkeiten.“ Häufig gehe es in seinen Beispielen um Gase und ihre Reaktion mit Flüssigkeiten.
Der Aufbau der einzelnen Kapitel ist stets gleich: Rooch beschreibt eine Alltagssituation, ein Phänomen oder ein Experiment und erklärt anschließend wissenschaftlich höchst exakt, was dabei passiert – Fachbegriffe inklusive. Doch auch die erläutert er für alle Physik-Dummies. Außerdem erläutert er, mit welchen anderen Hilfsmitteln das jeweilige Experiment auch funktioniert – bei dem titelgebenden gekrümmten Wasserstrahl etwa kann man die Katze auch durch einen Hund ersetzen – und zeigt, wo das jeweilige physikalische Gesetz in der Natur noch vorkommt.
„Ich mag es einfach, Dinge zu durchschauen und zu erklären“, so Rooch. Dabei war ihm diese Affinität zu Naturwissenschaften nicht gerade in die Wiege gelegt: Als ehemaliger Ostring-Schüler war seine Schulzeit zunächst einmal altsprachlich geprägt: „Ich habe auch Latinum und Graecum.“ Doch der naturwissenschaftliche Unterricht habe ihm immer viel Spaß gemacht. Besonders den Physik-Unterricht in der Oberstufe hat er in guter Erinnerung: „Wir hatten einen Physiklehrer, der sehr locker und witzig erklärt hat“, sagt er. „Auf seine Stunden habe ich mich immer gefreut, und er hat mich so motiviert, später auch Physik zu studieren.“ Anders dagegen sah es in Mathe aus: „Das hat mir zwar auch viel Spaß gemacht, aber da hatte ich tatsächlich immer das Gefühl, dass man das doch besser erklären könnte.“
Nerd mit Herz
Naturwissenschaftler gelten zumeist als Nerds – und auch Aeneas Rooch vermag diesem Klischee nicht wirklich zu widersprechen: „Klar, man beschäftigt sich mit Dingen, die gemeinhin als schwierig oder seltsam gelten – und hat auch noch Spaß daran.“ Geballtes Detailwissen aus entlegenen Fachgebieten – gerade das zeichne Nerds aus: „Aber ich habe soziale Kontakte, sogar eine Frau und eine kleine Tochter, und komme im Alltag einigermaßen gut klar. Also scheint sich das Nerdige bei mir in Grenzen zu halten.“
Mit seinem Buch und dem Ansatz, dass Physik durchaus partytauglich sein könne, wolle er Eltern und Kinder gleichermaßen begeistern und ihnen die Angst vor den so genannten „MINT“-Fächern nehmen – auch das ist ein Ziel seiner Arbeit. „Mathe und Naturwissenschaften haben ein großes Imageproblem und gelten immer als schwer.“ Schlechte Noten in Mathe etwa seien deshalb gesellschaftlich akzeptiert, weil Mathe als etwas gelte, „was man eh nicht kann“. Doch das sei fatal: „Es ist so wichtig, gerade die Neugier von Kindern anzusprechen. Kinder sind doch von Natur aus neugierig – und das ist auch die Geisteshaltung, die Forscher auszeichnet.“ Deshalb müssten sich die Schulen diese Neugier zunutze machen, auch wenn die Dinge, mit denen man sich beschäftigt, im Laufe der Zeit komplexer werden und der Zeitdruck wächst.
Wissen macht Ah!?
Mit diesem Ansatz dürfte Rooch ein geeigneter Kandidat sein, um die Lücke zu füllen, die der Weggang von Shary Reeves bei der beliebten Kinder-Wissenssendung „Wissen macht Ah!“ reißt. Ein weiteres Buch ist vorerst nicht geplant und der Schritt vom Hörfunk zum Fernsehen ist nur ein kleiner. „Das würde mir schon Spaß bereiten“, grinst Rooch bei der Frage, aber möglicherweise sucht der Sender wieder einen weiblichen Partner für Ralph Caspers. Doch wer weiß, vielleicht heißt es demnächst im KiKA „Klugscheißen mit Aeneas und Ralph“?
Apropos: Ob er auch im Freundeskreis als ‚Klugscheißer‘ gelte? „Hm, da bin ich eher der Falsche, um das zu beantworten, da sollte man vielleicht eher mein Umfeld fragen. Aber ich denke, ich bin der lebende Beweis dafür, dass man sich für Physik interessieren und trotzdem einigermaßen nett sein kann.“ Immerhin, ergänzt Rooch, werde er immer noch zu Partys eingeladen. „Obwohl, gerade bei diesen Runden treffen häufig eine ganze Menge Physiker aufeinander...“
Aeneas Rooch: Rubbel die Katz oder wie man Wasser biegt. Die wunderbare Welt der Alltagsphysik | Heyne Verlag | 224 S. | 9,99 €
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