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Tragikomischer Alltag
Foto: Michel Rabagliati; Edition 52

Alltag und Irrsinn

31. Januar 2023

Comics von tragikomisch bis irre komisch – ComicKultur 02/23

Alexander Brown hat sich mit einigen Ausstellungen und Publikationen zum wichtigsten deutschsprachigen Comicforscher entwickelt. Sein Forschungsgebiet ist allerdings primär der amerikanische Comic der frühen Jahre. Ziegelsteinformatige Bände zu „Little Nemo“ und Winsor McCay sowie zu „Krazy Kat“ von George Herriman erschienen bei Taschen, fast so mächtige Brocken zum Vater der Graphic Novel Will Eisner und „Horror im Comic“ beim avant-verlag. Dort folgt nun ein ebenfalls gut 500-seitiger Rundumschlag zum Comic-Pionier Rudolph Dircks und seinem Strip „Die Katzenjammer Kids“, den er ab 1897 veröffentlichte und der irrwitziger Slapstick ist. Brown begnügt sich nicht mit einem monografischen Ansatz, sondern nimmt auch hier gleich die gesamte Geschichte der frühen Zeitungscomics und ihren historischen Kontext mit viel Bildmaterial in den Blick. Obendrauf gibt es noch etliche Originalseiten der Serie als Faksimile. Der Band erscheint als Katalog zur Ausstellung „125 Jahre Katzenjammer Kids – Der älteste und längste Comic der Geschichte“, die bis zum 10.4. im Schauraum Dortmund zu sehen ist.

Der Kanadier Michel Rabagliati hat je nach Zählweise circa acht Graphic Novels mit mehr oder weniger autobiografischem Hintergrund gezeichnet. Der Protagonist heißt allerdings nicht Michel, sondern Paul. Vor vielen Jahren hat der Wuppertaler Verlag Edition 52 „Pauls Ferienjob“ veröffentlicht. Bis jetzt war es leider der einzige „Paul“-Band, der auf Deutsch in Druck ging. Dabei erzählt Rabagliati, der als Grafikdesigner und Illustrator arbeitet und erst mit 40 Jahren zum Comic kam, nicht nur stilsicher, sondern auch sehr emotional. Vor allem in dem neuen Band „Paul zu Hause“, der den Protagonisten mit seiner Scheidung, dem Tod seiner Mutter und dem Umzug seiner Tochter konfrontiert, geht einem die Geschichte, die Rabagliati mit wahnwitzigen Einschüben von Arztbesuchen, Attacken des Nachbars und selbstironischem Humor gegenüber seinem neurotischen Protagonisten würzt, sehr zu Herzen. Auch Lewis Trondheim erzählt – wenn auch nicht autobiografisch – in seiner langjährigen Serie „Herr Hase“ von den Nöten des Erwachsenseins zwischen Beruf, Freunden und Liebschaften. Der neue Band „Schluss mit Lustig“ ist nach einigen Genre-Stories wieder bestes Dialog-„Kino“ – klug, unterhaltsam, lustig, schnell und sogar topaktuell mit ein wenig „Klimaterrorismus“ (Reprodukt).

Christian Meyer-Pröpstl

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