Zugegeben: Der Optimismus als Geisteshaltung hatte es in diesem Jahr schwer. Nicht nur naiv, ja fast zynisch müsste ein Optimist wirken, der im Rückblick auf die letzten Monate, auf das Attentat in Hanau, die Corona-Pandemie oder die bürgerkriegsähnlichen Zustände in den USA, ausgelöst durch rassistische Polizeigewalt, fröhlich abwinkt und von Chancen schwadroniert, die jeder Krise innewohnen. Und trotzdem lassen sich gute Gründe finden, um der geistigen Hygiene nach so vielen miserablen Monaten zumindest einen kleinen Luftzug Zweckoptimismus zu gönnen, um so nicht völlig der Depression anheim zu fallen.
Immerhin wohnen wir gerade dem langsamen Niedergang des Autos bei. Trotz aller Bemühungen der Autoindustrie, trotz Autogipfel und trotz Andreas Scheuer – im neuen Konjunkturpaket gibt es keine Kaufprämie für Verbrennungsmotoren. Das ist eine erfreuliche Nachricht. Und sie markiert eine deutliche Zäsur, bedenkt man, wie unverhohlen die Automobilbranche von Politik und Medien in den letzten Jahrzehnten hofiert wurde.
Dafür gab es gute Gründe. Wie kein anderes Konsumgut stand das Auto für Freiheit und Wohlstand. Es war Symbol, sowohl für die Wirtschaftswunderjahre als auch für die 68er Proteste (man denke nur an den VW T1). Es stand für jugendlichen Aufbruch und Unabhängigkeit genauso wie für familiäre Sicherheit und protziges Bonzentum. Das Auto formte das gesellschaftliche Bewusstsein. Ein jedes Milieu fand im Autohaus seine distinktive Entsprechung auf vier Rädern. In Deutschland kommt noch eine zweite Ebene hinzu: Weil hier viele der größten Autobauer beheimatet sind, musste das Auto zusätzlich herhalten als Aushängeschild der großen Ingenieursnation. Es war Sinnbild für deutsche Innovationskraft, deutsche Leistungsfähigkeit und deutsche Exportweltmeisterei. Mit unseren Autos erkämpften wir uns Sympathien im Ausland, wo nach dem zweiten Weltkrieg vor allem Hass und Abneigung vorherrschten. Die Deutschen und ihre Autos – es war eine liebevolle Zweisamkeit. Und so kultivierte selbst politisches Personal, welches sonst vor Korruption und Lobbyismus warnte, Geknuddel und Geknutsche, wenn es um die Autoindustrie ging. Die Abwrackprämie von 2009 ist nur eine ihrer fruchtbarsten Blüten.
Auch von diesem Placebo-Patriotismus ist das Auto zukünftig befreit. Spätestens seit dem Dieselskandal, der aufgezeigt hat, dass deutsche Automobilhersteller systematisch ihre Kunden betrogen, ist der gute Ruf im Ausland sowieso dahin. Doch auch in Deutschland wächst die Wut auf eine Industrie, die sich für ihre Innovationskraft und ihre Ingenieurskunst regelmäßig selbst beweihräuchert, aber im Angesicht der Klimakatastrophe weinerlich auf ihren Privilegien beharrt, während sie gleichzeitig ihre Kunden hintergeht. Im Mai wurde nun auch vor dem Bundesgerichtshof einem VW-Kunden recht gegeben, der gegen das Unternehmen auf Schadensersatz klagte. Das Urteil wird eine Signalwirkung auf die noch rund 60.000 schwebenden Verfahren entfalten. Gemeinsam mit der Entscheidung der großen Koalition, Verbrennungsmotoren in ihrem Konjunkturpaket nicht zu bevorteilen, kommt die Ehe der Deutschen mit ihren Autos also langsam zu ihrem Ende. Mit dieser Scheidung wird weder die deutsche Wirtschaft zugrunde gehen, noch wird die deutsche Seele unwiderruflich traumatisiert. Der viel beschworene Innovationsgeist, der jahrzehntelang an Technologien aus dem letzten Jahrhundert verschwendet wurde, kann endlich an einer grüneren Zukunft mitwirken. Mit genug Optimismus ist alles möglich.
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www.elektromobilitaet.nrw | Wer sich aus CO2-Gründen von Diesel und Benziner verabschieden will, findet auf diesem Portal viel Wissenswertes.
www.bmjv.de/DE/Verbraucherportal/Verbraucherportal_node.html | Das Justizministerium will hier die Verbraucher:innen zu diversen Themen mit „Wissen wappnen“.
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