Es muss nicht immer Grubinger sein. Der junge Salzburger hat den Perkussion- bzw. Schlagwerker-Markt furios aufgewirbelt. Aber er darf natürlich auch nicht fehlen, wenn Veranstalter das große Wort „Percussion Summit“ ausrufen: In Bochum reist die Nr. 1 der klassischen Perkussion natürlich an und vereint sich mit den Städtischen Symphonikern zu einem leider schon lange ausverkauften Konzert. Aber der Summit im Musikforum Ruhr ist viel mehr als ein klassisches Konzert: Es könnte ein nachhaltiges Erlebnis werden.
Eine Nr. 1 des Jazz-Schlagzeugs, der Amerikaner Peter Erskine, schaut ebenso vorbei wie gleich als Startschuss das Ensemble Wadokyo (22.1., 20 Uhr, Großer Saal): Die traditionelle japanische Trommelkunst, bekannt unter den Namen Taiko oder Wadaiko, lässt alte Riten aus China und Korea aufleben. Die martialischen Kraftakte an den Fellen teilweise riesiger Trommeln – so groß wie das Weinfass in Auerbachs Keller – verbildlichen die archaischen Wirkungen von Rhythmus pur. Und Rhythmus nicht nur zu hören, sondern ihn im Muskelspiel der Instrumentalisten und die virtuosen Schlagtechniken mit Stöcken, Schlägeln und Klöppeln visualisiert zu erleben, kann ein Hochgenuss sein.
Meditative, fein gewebte Percussion erwartet die Musikfreunde (29.1., 20 Uhr, Kleiner Saal), ein intimes Meeting mit den Brüdern Behnam und Reza Samani, die iranische Spieltechniken bewahrt haben, aber auch aufgeschlossen auf europäische Kulturen reagieren.
Für die Neue Musik hat ja auch Grubinger zahllose junge Ohren öffnen können. In Bochum unterstreicht das Schlagquartett Köln (30./31.1. 20 Uhr) diese bedeutende moderne Spielkultur zunächst mit Werken zeitgenössischer Komponisten wie Aperghis oder Globokar: Hier werden die Möglichkeiten des Musiktheaters angeregt, der Schlagzeuger nutzt Bewegung, Sprache und den eigenen Körper für rhythmische Selbstversuche. Das birgt natürlich – beinahe durchgängiger Personalstil von Mauricio Kagel – die Möglichkeit zu gewollter und ungewollter Komik. An einem weiteren Abend steht das Perkussions-Sextett Pleades (31.1., 20 Uhr) auf dem Programm, für das die Choreografin Henrietta Horn, die kongeniale Kollegin von Pina Bausch in Wuppertal, ein modernes Tanzstück geschaffen hat – Tanz als in Körpersprache übersetzte Musik, mit Harmonie und Dissonanz.
Das sind auch Themen für den Drummer Benny Greb (1.2., 20 Uhr), der 2016 einen ersten Echo Jazz gewonnen hat. Er bevorzugt die Begegnung von Jazz mit angesagten Electro Sounds und Indie Vibes – eine zeitgenössische Reflexion über das Thema Rhythmus. Warum Jazz und Schlagzeug ein so überzeugendes Team bilden, davon erzählt Großmeister Peter Erskine (2.2., 20 Uhr) an seinem Trio-Abend in Bochum. Mehr als 700 Studio-Produktionen hat die amerikanische „Swingmachine“ an den Toms und Becken bedient, mit stetem Blick auf aktuelle Tendenzen.
Es gibt noch jede Menge Veranstaltungen im Umfeld, viele Acts für die ganze Familie, zum Mitmachen und Zuschauen. Ein Programm erscheint im neuen Jahr.
Percussion Summit | 22.1.-4.2. | Musikforum Ruhr | www.bochumer-symphoniker.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Bruckners „verfluchte“ Neunte
„Von Herzen – Letzte Werke“ in Bochum – Klassik an der Ruhr 06/24
Einfach mal anders
Das stARTfestival der Bayer AG in Leverkusen geht eigene Wege – Festival 04/24
Temperamentvoller Sonntag
Bosy Matinée mit Asya Fateyeva und Gemma New in Bochum – Klassik an der Ruhr 02/24
Tauchgang in die Kunstwelt
Das Dive-Festival in Bochum – Kunst 11/23
Gefangenenchor pur
„Prisoner of the State“ im Musikforum Ruhr – Klassik an der Ruhr 05/23
„Sich über die Musik besser verstehen“
Der neue Generalmusikdirektor Tung-Chieh Chuang über Pläne mit den Bochumer Symphonikern – Interview 08/21
Wunsch nach „eingeschränktem Betrieb“
Offener Brief der Konzerthäuser
Mit weiblicher Inspiration
City of Birmingham Symphony Orchestra in Dortmund – Klassik an der Ruhr 02/20
Gaudi mit Geist
Igudesman und Joo lehren Kreativität in Köln – Klassik am Rhein 12/19
Ein bisschen Spaß muss sein
Julia Jones dirigiert das Sinfonieorchester Wuppertal – Klassik an der Ruhr 12/19
Andere Konzerte zum Saisonende
Die Philharmonie Essen präsentiert das Besondere – Klassik an der Ruhr 07/19
Sensationelle Entwicklung
Die Bosys experimentieren seit 100 Jahren – Klassik an der Ruhr 02/19
Sinfonische Vollender
Gil Shaham in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 11/24
Aus Alt mach Alt
Tage Alter Musik in Herne 2024 – Klassik an der Ruhr 11/24
Weiblicher Beethoven
Emilie Mayers 5. Sinfonie im Konzerthaus Dortmund – Klassik an der Ruhr 10/24
Ein Himmel voller Orgeln
Zwei Orgelfestivals in Köln und Düsseldorf – Klassik am Rhein 10/24
Mit virtuoser Blockflötistin
33. Festival Alte Musik Knechtsteden in Dormagen und Köln – Klassik an der Ruhr 09/24
Nach François-Xavier Roth
Der Abgang des Kölner GMDs sorgt für Umbesetzungen – Klassik am Rhein 09/24
Barock und Filmmusik
Open-Air-Konzerte „Viva Italia!“ im Ruhrgebiet – Klassik an der Ruhr 08/24
Exotische Musik
„Sounds of Nature“ und „Diálogos de amor“ beim Niederrhein Musikfestival 2024 – Klassik am Rhein 08/24
Akademische Bürgernähe
Michael Ostrzyga dirigiert „Elias“ in Bergheim und Köln – Klassik am Rhein 07/24
Pop-Hit trifft düstere Rarität
Semesterkonzert an der RUB – Klassik an der Ruhr 07/24
Mit Hochdruck bei der Arbeit
Die Orgelfeierstunden im Kölner Dom – Klassik am Rhein 06/24
Träume aus alten Zeiten
Zamus: Early Music Festival 2024 in Köln – Klassik am Rhein 05/24