Es gibt viele Gründe ein klassisches Konzert zu besuchen – oder auch nicht. Ein Grund für junge Leute, dem Event fern zu bleiben, könnte die Inhalte betreffen. Mozart, Beethoven und Haydn sind nicht bei Facebook, und die Beats bleiben in der Regel recht bescheiden. Seit einigen Jahren widmen sich deshalb Orchester einer Musik, die den Kids praktisch von der Industrie in die Wiege gelegt wurde: Computermusik. Benjamin Nuss, Sohn eines Jazzmusikers und ein führender Klavier-Spezialist in dem Genre, erklärt kurz die Novität: „In der Filmmusik hat man Hintergrundmusik und Leitmotivik. In der Computerspielmusik ist es noch detaillierter. Es gibt für jede Landschaft eine Musik, dadurch gewinnt der Spieler ein Nostalgiegefühl zu einem Ort. Dann natürlich die Leitmotivik, die die Charaktere untermalt. Und dann szenische Musik wie in der Oper, Isoldes Liebestod oder so, das ist ganz unterschiedlich.“
Jetzt haben auch die Essener Philharmoniker die Idee aufgriffen und tragen den alten/neuen Sound in ihre Philharmonie. Die „Final Symphony“ (6.7. 20 Uhr) greift die Musik des Videospiels „Final Fantasy“ auf – ein Marathon-Renner unter den Erfolgstiteln asiatischer Komponisten. Am Klavier sitzt der Schweizer Game Music-Pianist Mischa Cheung, ein Musiker mit chinesischen Roots. Eckehard Stier, einst Kreuzchor-Sänger und später auch Dirigent, hat sich den freundlichen Blick auf die Jugend auch musikalisch auf die Fahnen geschrieben. Er debütiert in Essen.
Einen Grund, für einen guten Zweck ins Konzert zu gehen, liefert die Essener Philharmonie am nächsten Abend. Dann gastiert das „European Doctors Orchestra“ (7.7. 19 Uhr), die europäische Version des „Deutschen Ärzteorchesters“ oder des „World Doctors Orchestra“. Kunst und weiße Kittel leben häufig in enger Verbundenheit, nur dass die Mediziner im Konzert selbst Hand anlegen, ist vielen Patienten nicht so vertraut.
Am Flügel für das legendäre 2. Klavierkonzert haben sie mit Benjamin Moser einen Profi eingeladen, und auch am Pult regiert der Musiker Johannes Klumpp. Aufgelegt werden zudem die „Bilder einer Ausstellung“, ein anspruchsvolles Unterfangen für ein vielfarbig schimmerndes Orchester, und Mendelssohns Ouvertüre „Die Hebriden“ – keine arteriovenöse Gefäßpolster, früher Goldadern benannt, sondern eine Inselgruppe vor der Nordwestküste Schottlands. Absolut schmerzfrei.
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