Die meisten dürften den Namen Siegfried Rauch heute mit seiner derzeitigen Paraderolle in Verbindung bringen – der des Kapitäns Paulsen auf der MS Deutschland, dem „Traumschiff“ aus der gleichnamigen, auch nach 30 Jahren noch ungemein erfolgreichen, ZDF-Serie. Doch damit würde man dem 1932 in Bayern geborenen Schauspieler keinesfalls ausreichend gerecht. Schließlich gab es eine Phase in der Karriere des erdigen Mimen, in der er mehr Rollen in internationalen Produktionen als in heimischen übernahm. Mitte der 60er Jahre waren es publikumswirksame Euro-Produktionen wie die „Kommissar X“-Filme oder die von einem ähnlichen Team mit Lex Barker in der Hauptrolle realisierte Groschenheft-Adaption „Mister Dynamit – Morgen küsst euch der Tod“, die Rauch im Ausland vor die Kameralinsen treten ließen. Bald schon folgten große Hollywood-Prestige-Produktionen wie Franklin J. Schaffners Kriegsporträt „Patton“ mit George C. Scott und Karl Malden oder Lee H. Katzins „Le Mans“, in dem Siegfried Rauch an der Seite von Steve McQueen einen Rennfahrer spielte.
Die 70er Jahre brachten noch weitere respektable Auftritte an der Seite von Weltstars wie Michael Caine, Robert Duvall, Donald Sutherland, Lee Marvin oder Mark Hamill, bis dem Schauspieler der Ruhm zu sehr auf Kosten seines geliebten Familienlebens ging. So beschreibt er es zumindest in seinen Memoiren „Käpt’ns Dinner“, in denen er anekdotenreich auf mehr als fünf Jahrzehnte im Scheinwerferlicht zurückblickt. Von den frühen Entbehrungen in der unmittelbaren Nachkriegszeit, in der er sich als junger Schauspieler am Theater durchzuschlagen versuchte, bis hin zu seinen ersten Erfolgen vor den Film- und Fernsehkameras, spickt der Darsteller seine Autobiografie mit zahlreichen amüsant zu lesenden Geschichten aus der Welt der Stars. An der Seite von Jean Marais versuchte er sich in seinem jugendlichen Leichtsinn als sein eigener Stuntman, nur um einige Jahre später sein Leben durch die extremen Vorstellungen des Regie-Fanatikers Menahem Golan abermals aufs Spiel zu setzen. Pointiert lässt Rauch Situationen Revue passieren, die nur das Leben selbst schreiben konnte, wie beispielsweise ein heikler Requisitentransport zu Dreharbeiten nach Israel oder eine tödliche Gefahr im Swimming Pool seines Freundes und Kollegen Lee Marvin.
Spätestens seit dem Erfolg der Fernsehserie „Es muss nicht immer Kaviar sein“ gilt Siegfried Rauch auch als Feinschmecker und Gourmet. Am Ende jeder der dreizehn Folgen, die 1977 nach dem Roman von Johannes Mario Simmel für das ZDF gedreht wurden, zauberte Rauch alias Gentleman-Agent Thomas Lieven ein erlesenes Gericht aus den Kochtöpfen. Ganz in dieser Tradition hat es sich Hobby-Koch Rauch nun nicht nehmen lassen, auch seine Erinnerungen immer wieder mit Rezepten zu unterfüttern, die er im Laufe der Jahrzehnte lieben gelernt hat. Darunter finden sich gleichermaßen traditionelle wie internationale Kochideen, die durch ihre einfache, aber effektive Beschreibung zum Ausprobieren einladen. Dass Rauch ein häuslicher Typ ist, wird nicht allein durch diese Rezepte ersichtlich. Immer wieder schimmert in seinen Erinnerungen auch sein großer Familiensinn durch, genau wie das Bestreben, seine humanitären Ideale an seine Leser zu vermitteln. Dadurch hinterlässt der Vater zweier mittlerweile erwachsener Söhne, der seit 1964 mit seiner Frau Karin verheiratet ist, einen überaus sympathischen Eindruck. Die letzten Kapitel des rund 250 Seiten starken Buches widmet er schließlich seiner zweiten Karriere in deutschsprachigen Fernsehserien, die ihn nach „Eine glückliche Familie“ an der Seite von Maria Schell über die Heimatserien „Wildbach“ und „Der Bergdoktor“ am Ende als „Traumschiff“-Kapitän abermals zum Weltenbummler gemacht hat. Da sich die entsprechenden Dreharbeiten aber immer auf die ersten Monate des Jahres konzentrieren und Ehefrau Karin stets auf die MS Deutschland mit an Bord geht, konnte Rauch diese verlockende Serienhauptrolle einfach nicht ablehnen – zumal er schon als kleiner Junge davon geträumt hatte, einmal Schiffskapitän zu werden.
„Käpt’ns Dinner – Wenn Träume in Erfüllung gehen: Geschichten, die mein Leben schrieb“ von Siegfried Rauch, Herder Verlag Freiburg im Breisgau 2012, ISBN 978-3-451-30627-3
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