Der 1964 in Brandenburg geborene Henry Maske kann eine beeindruckende Boxkarriere vorweisen: Von 1993 bis 1996 war er amtierender Weltmeister im Halbschwergewicht, nur einen seiner 32 Profi-Kämpfe hat er verloren. Der „Gentleman“ hat maßgeblich dazu beigetragen, Boxen in Deutschland zu einem Massenphänomen zu machen. In Uwe Bolls jetzt im Kino anlaufendem Film „Max Schmeling“ über den einzigen deutschen Schwergewichtsweltmeister im Boxen spielt Maske die Sportlerlegende Schmeling, einen Mann, der als einer der wichtigsten deutschen Sportler des 20. Jahrhunderts in die Geschichte eingegangen ist.
trailer: Herr Maske, was bedeutet Max Schmeling persönlich für Sie?
Henry Maske: Ich durfte ihn kennenlernen, und das hat mir natürlich sehr viel bedeutet, weil ich merkte, dass die Resonanz, die er bei ganz vielen Menschen immer wieder hinterlassen hat, sehr besonders war. Im Laufe der Zeit konnte ich dann auch spüren, warum dies der Fall war, denn die meisten, die ihn heutzutage noch gekannt haben, kannten ihn nicht mehr als Boxer, sondern als Menschen. In seiner Boxzeit, um die es im Film geht, wurde er bekannt. Beliebt wurde er mit Sicherheit auch deswegen, weil er sich in den sechzig Jahren danach immer wieder als Mensch gegeben hat, von dem man beeindruckt sein durfte, weil er eine Natürlichkeit hatte, eine Verbindlichkeit, eine Nachhaltigkeit.
Hatte er eine solche Vorbildfunktion für Sie auch schon in der DDR, als Sie als Boxer angefangen haben?
Nein, denn er war für uns nicht so gegenwärtig, das muss ich gestehen. Wir wussten natürlich schon, dass es einen Schmeling gab, der einzige deutsche Profiboxer, der Weltmeister im Schwergewicht war, aber er war uns nicht so gegenwärtig.
Wie haben Sie sich für diese Rolle vorbereitet?
Ich hatte Schauspielunterricht bei Arved Birnbaum, der auch in Köln ansässig ist, deswegen war es für mich nicht so problematisch, zu ihm hinzufahren. Zusammen haben wir dann sehr intensiv das Drehbuch auseinandergenommen und uns mit dem Charakter Max Schmeling auseinandergesetzt. Bis dato glaubte ich natürlich, dass er mir bekannt gewesen wäre, aber aufgrund dieser Auseinandersetzung und der zusätzlichen Recherche, bei der ich mit Leuten gesprochen habe, die Schmeling sehr lange im Leben begleiten durften, habe ich mich ihm auf einer ganz anderen Ebene genähert. Seinen Charakter habe ich nun deutlich intensiver verstanden und auch gefühlt, was wohl eine gute Grundlage für meine spätere Darstellung als Schmeling war.
Wie ist es denn für einen Profiboxer, Boxszenen nach einer festgelegten Dramaturgie zu spielen?
Das mussten wir bei den Lewis-Kämpfen machen, insbesondere bei dem zweiten, der ja nur 124 Sekunden gedauert hatte, da musste man schon sehr authentisch bleiben. Das ist gar nicht so problematisch gewesen, denn nicht nur ich war Boxer, sondern auch meine Partner im Ring waren professionelle Boxer. Da spielt eine gefühlvolle Arbeit eine Rolle, die setzt man bei seinem Gegenüber voraus, damit der Schlag von der Wucht und der Substanz her so minimiert wird, dass es danach trotz des Treffers noch weitergehen kann. Es gab zwei, drei Probanden, die nicht diese Professionalität hatten und es mir deswegen deutlich schwerer machten. Aber für die großen Kämpfe haben Arthur Abraham, Alexander Frenkel, Enad Licina und vor allem Yoan Pablo Hernández, der Joe Lewis hervorragend gespielt hat, es mir da wesentlich leichter gemacht. Denn diesen Jungs kann man vertrauen, denen kann man auch mal eine offene Seite anbieten und getroffen werden, ohne dass man dabei ernsthaft zu Schaden kommt.
Der Regisseur Uwe Boll hat ja durchaus einen zwiespältigen Ruf. Wussten Sie davon, als Sie das Angebot bekamen oder als Sie für die Rolle unterschrieben haben?
Als ich das Angebot bekam, wusste ich noch nichts davon, als ich unterschrieben habe dann schon.
Das hat Sie aber nicht davon abgehalten, mit ihm einen Film zu drehen, der nicht so in Bolls übliches Raster hineinpasst …
Schlussendlich nicht, sonst hätte ich es ja nicht gemacht. Natürlich hat auch das eine Rolle gespielt. Ich habe ihn bei Vertragsabschluss ein wenig kennengelernt, später dann im Zuge der Dreharbeiten etwas mehr. Ich glaube, die Entscheidung, es zu tun, war richtig. Ich habe viele Filme von Uwe Boll nicht gesehen und kann mir da auch kein Urteil bilden, aber ich glaube, dass auch er sich bei diesem Film nicht unwohl gefühlt hat, dass er es mit Herz gemacht hat, weil er letztendlich derjenige war, der es machen wollte. Denn eins ist Fakt: Schmeling hat einen Film verdient!
Uwe Boll hat ja selbst auch eine Boxvergangenheit. Hat sich das ausgewirkt auf den Ablauf der Dreharbeiten?
Ich glaube, dass er gerade dadurch mir beim Boxen Vertrauen schenkte und mir selbst die Möglichkeit gab, Freiräume zu suchen. Das war ein großer Vorteil. Hätte er von Boxen überhaupt nichts verstanden, hätte er möglicherweise auch die eine oder andere Situation nicht beurteilen können. Er hat mir gerade in diesem Bereich relativ schnell vertraut und hat mich laufen lassen. Das war sehr hilfreich.
Außer dem Boxen und den Schauspielambitionen besteht eine weitere Parallele zwischen Ihnen und Schmeling darin, dass Sie nach dem Ende Ihrer Profikarrieren im unternehmerischen Sinne tätig geworden sind …
Das könnte man so behaupten. Ich kann mich noch gut an die Situation erinnern: Es war noch zu Schmelings Lebzeiten, als er davon hörte, dass ich Franchise-Nehmer bei einer Schnellrestaurant-Kette werden möchte, und später dann auch wurde, da war er sehr zufrieden. Denn es war ihm immer wichtig, dass jemand eine gesicherte Existenz hat. Das ist bei seiner Karriere auch nachvollziehbar, denn vor dem Krieg hatte er alles, aber nach dem Krieg hat er alles verloren und muss definitiv Existenzängste gehabt haben. Verständlich, dass er gerade auch in diesem Bereich Wert darauf legte, dass es jemandem auch künftig gut gehen solle, der ihm nahe stand oder ihm das Gefühl vermittelte, dass er ihn mochte.
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