Als Tochter des Schauspielerpaares Katharina Thalbach und Vladimir Weigl war der 1973 in Ost-Berlin geborenen Anna Thalbach die Liebe zur Bühne schon in die Wiege gelegt. Mit sechs Jahren stand sie das erste Mal vor der Kamera, mittlerweile hat sie sich mit Rollen in „Die Manns – Ein Jahrhundertroman“, „Der Untergang“, „Krabat“ und „Der Baader Meinhof Komplex“ selbst als ernstzunehmende Schauspielerin etabliert. In der neuen Kinokomödie „Kein Sex ist auch keine Lösung“ spielt sie nun die burschikose Paule.
trailer: Frau Thalbach, „Kein Sex ist auch keine Lösung“ – war es der provokante Titel, der Ihr Interesse an dem Stoff geweckt hat?
Anna Thalbach: Nein, das lag nicht am Titel. Ich wollte die Figur gerne spielen, und ich mag den Regisseur Torsten Wacker sehr gerne. Das ist ein treuer Regisseur, der mich, seit er mich das erste Mal inszeniert hat, immer wieder besetzt und mit dem ich sehr gern zusammenarbeite. Ich fand meine Figur sehr lustig, ein burschikoses Mädchen, das dann die Weiblichkeit entdeckt. Außerdem war das zu mir selbst ein ganz konträrer Charakter – ein Hamburger Mädchen für mich als Berliner Pflanze. Das fand ich spannend, mal jemand ganz anderes zu sein.
Zuerst der Kumpeltyp und im weiteren Verlauf dann die Femme Fatale – welche Rolle liegt Ihnen denn privat eher?
Ich finde es schön, beide Teile zu leben. Ich bin genauso gerne Bursche, wie ich auch gerne eine sexy Frau bin. Ich finde alle Seiten auslebenswert (lacht). Es kommt immer auf den Moment an, aber ich finde es schön, wenn man vielseitig ist und nicht nur Schwarz und Weiß, sondern eben auch Grau.
Die Vielseitigkeit sieht man auch an Ihrer Rollenwahl, die zwischen anspruchsvollen Werken und Unterhaltung für die breite Masse pendelt. Geschieht das aus Gründen der Abwechslung, oder weil es unterschiedliche Arten des Drehens sind?
Na ja, in erster Linie lebe ich natürlich auch davon. Aber das ist doch das Schöne an meinem Beruf, und ich gehöre zu dem kleinen Kollegenkreis, der eben die Möglichkeit hat, alle Zimmer zu betreten, die das Schauspielerhaus anbietet. Ich mache Synchron, ich bin Sprecherin, ich mache Theater, ich mache Mainstream, ich mache Low Budget, ich hatte einen Drehtag bei David Cronenbergs „Eine dunkle Begierde“. Ich habe so das Gefühl, dass ich wirklich alle Bereiche bearbeiten darf, alle Früchte ernten darf und dann auch essen. Das empfinde ich als großen Luxus und als großes Privileg. Solange sich mir das in dieser Breite anbietet, werde ich das auch annehmen. Das macht einen ja auch lebendig und hält einen bei der Stange. Es wäre furchtbar, wenn ich mich auf einen Bereich spezialisieren müsste.
Sie haben schon als Kind angefangen, vor der Kamera zu stehen. War das damals eine Zweckentscheidung, oder war die Leidenschaft irgendwie genetisch verankert?
Keine Ahnung, das ist schwer zu sagen. Ich denke mal, der Spieltrieb und die allgemeine Auseinandersetzung mit Kunst und Sprache und all diesen Dingen waren natürlich familiär bedingt vorhanden. Wenn man das als Kind als etwas Selbstverständliches vorgelebt bekommt, dann ist das eben so. Es ist kaum zu leugnen, dass wir eine Zirkusfamilie und ein Familienbetrieb sind, in dem das Wissen von Generation zu Generation weitergereicht wird. Ich habe darüber als Kind gar nicht großartig nachgedacht, ich habe einfach gedreht. Es hat mir Spaß gemacht.
Und das ist dann nahtlos in die Phase übergegangen, in der Ihnen klar geworden ist, dass Sie damit Ihren Lebensunterhalt verdienen wollen?
Das hat sich so ergeben, das habe ich gar nicht entschieden. Ich habe mit sechs Jahren angefangen zu drehen, und mit fünfzehn, sechzehn Jahren konnte ich davon leben. Ich bin dann noch auf eine Modeschule gegangen und habe eine Kostümhospitanz gemacht, für das Schillertheater eigene Kostüme entworfen und auch eigene Ausstellungen gemacht. Nebenbei habe ich immer schon viel anderes gemacht. Ich würde mich auch nicht ausschließlich als Schauspielerin definieren, das ist nicht mein einziger Kanal. Aber ja, ich konnte dann irgendwann davon leben, und da es funktionierte, musste ich nicht mehr auf die Schule gehen. Und dann bevorzugt man natürlich diesen Weg.
Mit Ihrer Mutter Katharina haben Sie seit Ihrer Kindheit immer wieder vor der Kamera gestanden. Wie hat sich Ihr professionelles Verhältnis im Laufe der Jahre verändert?
Wenn, dann weiß ich nicht, wie. Eigentlich hat sich da gar nicht so viel verändert. Meine Mutter hatte immer eine bestimmte Art, mit mir umzugehen. Es hat sich insofern verändert, dass wir auch in verschiedenen Arbeitsverhältnissen zueinander stehen. Entweder spielen wir zusammen, oder jetzt als Fritz in dem Fernsehfilm „Friedrich – Ein deutscher König“, der im Januar 2012 ausgestrahlt werden soll, da teilen wir uns die Rolle. Ich spiele den jungen Friedrich, den Kronprinzen, bis er König wird, und meine Mutter spielt dann den alten Fritz. Da haben wir uns allerdings überhaupt nicht abgesprochen, sondern da lassen wir uns überraschen, wie sich das zusammenfügt. Ich glaube, das ist ein bisschen damit vergleichbar, wenn man einen kleinen Hund hat und gar nicht merkt, wie er größer wird. Das merken nur die, die nur einmal in der Woche kommen. Wahrscheinlich ist das bei mir und meiner Mutter auch so: Es ist schon so normal, dass wir zusammen arbeiten, und wir sind so gut aufeinander eingetunet, dass wir uns da gar nicht weiterentwickeln müssen. Ich bin zufrieden damit, wie es läuft.
Haben Sie das Gefühl, dass Sie aufgrund Ihrer optischen Ähnlichkeit zu Ihrer Mutter häufig auf ähnliche Figuren wie sie besetzt werden?
Wenn das so ist, dann ist es kein Drama (lacht). Es stört mich nicht, wenn es so sein sollte. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Dadurch, dass wir uns ähnlich sehen, kann man solche Sperenzchen natürlich auch machen, du spielst den Jungen, ich spiel den Alten. Das ist von Vorteil, wenn man im Laufe einer Erzählung eine Figur alt werden lassen möchte. Und es ist praktisch, weil man dann nicht so lange casten muss (lacht).
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