Wenn’s unübersichtlich wird, bestellt die Politik gerne ein Gutachten. Gerade komplexe Sachverhalte sollen so auf simple Entscheidungsfragen heruntergebrochen werden. Doch oft ist das Gegenteil der Fall. In Köln hat die Politik bei der Beratungsgesellschaft actori eine „Wirtschaftlichkeits- und Organisationsuntersuchung der Bühnen Köln“ in Auftrag gegeben. Man dachte sich, wenn wir sowieso schon den ganzen Laden für 250 Mio. Euro sanieren lassen, wollen wir auch wissen, wo wir am Ende sparen können. Stichwort „Optimierungspotenziale“. Zur Wiedereröffnung 2015 an alter Wirkungsstätte will man sich außerdem gerne im Ranking verortet wissen.
Das Verblüffende ist, dass es dabei nicht um Kunst geht, sondern nur um Struktur- und Finanzierungsfragen, also das, worauf Kulturpolitik derzeit zunehmend hinausläuft. Actori hat Vergleichshäuser für Oper (Stuttgart und Frankfurt) und Schauspiel (Frankfurt, Bochum, Düsseldorf) herangezogen und nach Kriterien wie Produktions- und Vorstellungsanzahl, Etat, Infrastruktur untersucht. Grundfrage war: „Wie sieht ein zukünftiger Bühnenbetrieb aus?“ Vor allem dann, wenn das sanierte Haus nicht nur 25 Prozent mehr Fläche haben wird, unter anderem eine neue Kinderoper, sondern auch erweiterte technische Anlagen – was letztlich mehr Personal bedeutet. Dem stehen zwar die Effizienz der neuen Anlagen und Einsparungen durch energetische Sanierung gegenüber, unterm Strich wird daraus allerdings ein Nullsummenspiel. Die höheren Betriebskosten fressen die Einsparungen komplett auf.
Actori entwickelt daraus drei Szenarien: 1. Der Zuschuss wird um 5 Millionen Euro erhöht, dafür steigt auch die Vorstellungszahl um etwa ein Drittel gegenüber 2011/12; bedeutet zwar z.B. mehr Orchesterdienste, aber auch mehr Zuschauer und dadurch mehr Eigeneinahmen. 2. Es bleibt finanziell alles, wie es ist, sprich 51,2 Mio. Euro für Oper und Schauspiel. Also weniger Produktionen, weniger Zuschauer, kein Ausnutzen der neuen Potentiale. Und 3. schließlich der goldene Mittelweg mit 2,5 Mio. Euro mehr, sprich von allem ein bisschen mehr, wenn auch nicht genug. Das Fazit: Die Szenarien lassen „auf eine unterdurchschnittliche Finanzausstattung gegenüber den Vergleichshäusern schließen“. So hatte sich die Politik das natürlich nicht vorgestellt. In Köln will man eher bessere Qualität für weniger Geld. So ist das mit Gutachten: Am Ende wird’s für die Politik eher schwieriger als leichter.
Ach ja, dann wäre da noch die Sache mit dem Tanz. Die Sparte wird es in Zukunft nicht mehr geben, sondern nur noch Gastspiele. Köln und eine eigene Compagnie, das ist Geschichte. Das zeigte auch der unappetitliche Versuch von Opernintendantin Birgit Meyer und Schauspielintendant Stefan Bachmann, sich die Einnahmen aus dem lächerlich niedrigen Gastspielbudget der Tanzgastspiele von 400.000 Euro herauszuschneiden. Ein geschmackloser Kannibalisierungsversuch der großen Sparten gegenüber dem Underdog, den die Politik glücklicherweise untersagte.
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