Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 1

12.582 Beiträge zu
3.811 Filmen im Forum

Guido Rademachers
Foto: privat

Mehr Solidarität wagen

28. Dezember 2022

Die Theater experimentieren mit Eintrittspreisen – Theater in NRW 01/23

Zuschauer:innen sind eine unberechenbare Spezies. Mal kommen sie in Scharen, mal zeigen sie die kalte Schulter. Offenbar hat nun die Pandemie diese Unberechenbarkeit noch verstärkt. Die Theater jedenfalls rätseln und die Pulsfühler des Zeitgeistes haben Hochjunktur. Von faktischem Desinteresse über inflationäre Sparmaßnahmen bis zur Durchbrechung bildungsbürgerlicher Rituale reicht das Analysespektrum. Klar ist allerdings eines: Es kommen weniger Zuschauer und die verbleibenden kommen spontaner. Die Gegenmittel, mit denen die Theater darauf reagieren, sind weniger ästhetischer als ökonomischer Natur: Man dreht an der Eintrittspreis-Schraube. Das ist keine ganz neue Entwicklung. Schon seit Jahren experimentieren Häuser mit Rabattsystemen wie beispielsweise der allgegenwärtigen Theatercard.

Die Pandemie, aber auch die Inflation haben nun den Druck erhöht, nicht nur Publikum zurückzugewinnen, sondern Probleme der sozialen Teilhabe abzufedern. In Zürich haben die Theater am Neumarkt, der Gessnerallee oder der Winkelweise schon zur Spielzeit 2020/21 ein dreistufiges Preismodell mit freier Wahlmöglichkeit eingeführt. Das Thalia Theater in Hamburg sowie die Theater in Hagen und Konstanz experimentierten über mehrere Monate mit einem 9-Euro-Ticket, das jeweils unterschiedlich ausgestaltet war.

In Köln führt das Freie Werkstatt Theater nun für zwei Monate ein solidarisches Preismodell ein. „Wir wollen unser Theaterpublikum diverser und jünger aufstellen und mehr kulturelle Teilhabe ermöglichen“, sagt Guido Rademachers, der zusammen mit Gerhard Seidel das FWT leitet. Der Gedanke sei bereits vor der Pandemie im Zuge einer Audience development-Strategie entwickelt worden, weil selbst der ermäßigte Preis von 12 Euro offenbar für viele noch zu hoch sei. Deshalb, so Rademachers, habe man die Preise nach unten und nach oben ausdifferenziert, also ermäßigt und erhöht. Die Zuschauer:innen können im Januar und Februar aus einem fünfstufigen Modell von 6 bis 30 Euro ihren Preis frei wählen. Ob das Modell beibehalten wird, entscheidet sich letztlich dann doch wieder an der Kasse: Der Anteil der Selbst-Finanzierung über Einnahmen müsse stabil bleiben, sonst könne man das Theater so nicht finanzieren, so Guido Rademachers. Mehr Solidarität wagen, lautet also die Parole.

Hans-Christoph Zimmermann

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Konklave

Lesen Sie dazu auch:

2G oder 3G?
Die Theater zwischen Landesverordnung und Sicherheitsgefühl – Theater in NRW 10/21

Wir Kultur-Protestanten
Warum die Schließung von „Freizeiteinrichtungen“ unchristlich ist – Theater in NRW 12/20

Freude und Honorar für "Straßenkünstler" in Bochum
Aktion „Fenster auf“ startet mit der ersten Staffel u.a. am Bergbaumuseum

Berufsziel: Prekarisierung
Kulturrat stellt Studie zum Arbeitsmarkt Kultur vor – Theater in NRW 08/20

Tanzen mit Plexiglashelm
Land NRW beschließt bindende Regeln für den Theaterbetrieb – Theater in NRW 06/20

„Wir hoffen, dass wir in begrenztem Umfang wieder eröffnen können“
Museumsdirektor Felix Krämer über den Düsseldorfer Kunstpalast – Sammlung 05/20

„Wir vermissen unser Publikum“
Johan Simons über das Bochumer Schauspielhaus in der Krise – Bühne 05/20

Theater und Philharmonie gehen viral
Die Plattform „TUP trotz(t) Corona“ nutzt YouTube als Bühne – Bühne 05/20

Expanded Cinema
Über den Wert von Kino und cineastische Alternativen während Corona – Kino 05/20

„Das Kino wird vermisst!“
Petra Müller, Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung NRW, über den Stillstand der Branche – Interview 05/20

„Seid ehrlich, seid kreativ“
Andreas von Hören über das Jugend-Videoprojekt „Corona Diaries“ – Interview 04/20

Kölscher Sozialdarwinismus
Das Theater der Keller verliert seine Spielstätte – Theater in NRW 06/17

Theater.

Hier erscheint die Aufforderung!