Mehr als zwei Millionen Euro hat die aufwendige mehrjährige Restaurierung von Roms berühmtestem Brunnen Fontana di Trevi gekostet, kein Wunder, ist das spektakuläre Bauwerk rund 50 Meter breit und 25 Meter hoch. Fellinis „La Dolce Vita“ lud Anita Ekberg und Marcello Mastroianni zu einem nächtlichen Bade ein, was immer wieder auch heutige Touristen verführt, ohne oder mit Unterhose in diese Wasser zu steigen und das süße Leben nachzufeiern. Roms aktuelle Bürgermeisterin möchte jetzt initiativ werden und das einzigartige Kulturdenkmal vor den Verehrern schützen – sie sollen nur noch vorbeilaufend einen Blick erhaschen dürfen. Dann wird es auch schwierig, den Brunnen mit Münzen zu füttern – ein einträglicher angeblich beglückender Brauch könnte damit sein Ende finden.
Als der italienische Komponist Ottorino Respighi 1916 die Brunnen der ewigen Stadt in Tönen porträtierte, lagen solche Gedanken fern. Wasser glitzerte allüberall an den herrlichen Plätzen und vor den zahllosen Kirchen, die Meeresfabelwesen und Götter aus edlem Marmor spiegelten die Sonnenstrahlen. Diese klingenden Assoziationen verführten jetzt die Dortmunder Philharmoniker, ihr 9. Philharmonisches Konzert mit „sonnen_strahl“ zu betiteln. Und Respighis delikate Sightseeing-Tour, eine rückwärtsgewandte schamlos schöne Musikreise, trifft das auch im Norden bewunderte leichte Lebensgefühl der Römer perfekt.
Knapp 100 Jahre zuvor brach Felix Mendelssohn 1830 gen Italien auf, um den Winter bei seinem verehrten Kollegen Hector Berlioz in Rom zu verbringen. Hatte seine vorherige Schottlandreise bereits die „Schottische Sinfonie“ als Souvenir hervorgebracht, so vermeldete das 22 Jahre alte Allround-Talent (auch als Maler) jetzt seiner Familie: „Die Italienische Sinfonie macht gute Fortschritte; sie wird das lustigste Stück, das ich je gemacht habe.“
Erschreckendes hatte der junge Musicus von seiner Bildungsreise in Sachen Musik zu berichten. Ein Opernbesuch in Neapel: „Der erste Violinist schlägt, durch die ganze Oper hindurch, die vier Viertel des Taktes auf einen blechernen Leuchter, so dass man es zuweilen mehr hört als die Stimmen; und trotz dessen sind Orchester und Stimmen nie zusammen. Das Ganze ist ohne den geringsten Geist, ohne Feuer und Lust.“ In Amalfi hat Mendelssohn neapolitanische Volksmusik gehört. Dazu tanzten einheimische Mädchen – das gefiel dem jungen Kerl sehr gut. Diesem schönen Erlebnis huldigte er im letzten Satz der Italienischen: Der Tanz Saltarello beschwingt die Dortmunder Philharmoniker und ihren Dirigenten Otto Tausk.
In Mendelssohns damaligem Alter befindet sich heute der junge Chinesische Pianist Chen Guang, der mit Beethovens erstem Klavierkonzert einen Wiener Kontrast zu Dolce Vita liefert. Seine Konzertpodien stehen in Europa, Amerika und Asien: Da liegt auch irgendwo Italien.
9. Philharmonisches Konzert – sonnen_strahl | Di 13. & Mi 14.6. 20 Uhr | Konzerthaus Dortmund | 0231 22 69 62 00
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