Dortmund, 11.04. - Als einer der acht Filme im Regiewettbewerbs des Internationalen Frauenfilmfestivals (IFFF) 2013 wurde „Snackbar“ von der Regisseurin Meral Uslu persönlich vorgestellt. Die Tochter türkischer Migranten hatte bereits einige Dokumentarfilme gedreht, als eine TV Reportage in Rotterdam sie zur Snackbar und einer wahren Geschichte brachte. Sie entschied sich aus dieser Geschichte einen Spielfilm zu machen. Eine Dokumentation über die Jungs mit marokkanischem Hintergrund erschien ihr zu gefährlich. Bereits während der Reportage wurden sie und ihr Team mit Steinen beworfen. Die Protagonisten besetzte sie mit Jungs aus der Umgebung, teilweise mit kriminellem Hintergrund. Mit der Zeit gewann sie ihr Vertrauen und hörte sich mit viel Einfühlungsvermögen ihre rauen Geschichten, ihre Wünsche und Ängste an. Ein halbes Jahr dauerten die Vorbereitung, bis Meral Uslu aufgrund geringen Budgets an einem einzigen Tag den gesamten Film drehte.
Mit „Snackbar“ erzählt sie die Geschichte einer marokkanischen Clique. Sie pöbeln, streiten, sind aggressiv, wissen zugleich aber nichts mit ihrem Leben anzufangen. Probleme in der Familie, mit Drogendealern oder der Polizei sowie Zukunftsängste und Einsamkeit führen sie zu Ali, dem türkischen Besitzer der Snackbar. Auch wenn Ali mit eigenen Problemen zu kämpfen hat, versucht er den Jungs, die tagein tagaus vor seinem Laden rumgammeln, Halt zu geben. Doch nicht für alle Jungs gibt es ein Happy End. Schließlich zeichnet Meral Uslu ein Bild der Realität.
Wenigstens für viele der Laienschauspieler habe es eine Art Happy End gegeben, berichtet Uslu anschließend im Filmgespräch. Der Film habe einige zu Schauspielerei geführt, die sie nun weiter professionell verfolgen würden. Der Dreh zu ihrem Film sei jedoch nicht ohne Turbulenzen verlaufen, was allerdings der Wahrhaftigkeit von „Snackbar“ zugute gekommen sei. Ohne das Script gelesen zu haben, spielten die Jungs sich selbst. Gewaltszenen seien leicht in die Realität abgeglitten, Dialogszenen seien ernsthaft geführt und in Interviewszenen die eigenen, wahren Gefühle der „Schauspieler“ offenbart worden. Teilweise bis Tränen kamen.
Die Zuschauer im U zeigten sich von dem schonungslosen Abbild der Realität berührt und fragten nach, worin die Probleme der marokkanischen Community in den Niederlanden lägen. Uslu sieht das Problem in der Heimatlosigkeit der Menschen mit marokkanischem Migrationshintergrund, die für sich keine Integrationsmöglichkeiten sähen. In der türkischen Community sei dies anders. Viele haben sich durch Jobs, wie Ali mit seiner Snackbar, integriert. Zudem sei dort das Familiengefüge stärker ausgeprägt. Viele junger Marokkaner seien dagegen ohne Vater groß geworden.
In den Niederlanden habe „Snackbar“ in der Gesellschaft eine Diskussion über Integration angeregt. Bei den Betroffenen, den Marokkanern, stieß Uslu eher auf weniger Wohlwollen aufgrund der dargestellten „bösen Seiten“, erhielt aber die Zustimmung, dass der Film realistisch sei. Man darf hoffen, dass der Film zumindest ein Bewusstsein für die Integrationsproblematik geschaffen hat. Auf allen Seiten.
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