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Nachdenken über die Liebe: Corinna Harfouch als alkoholkranke Kommissarin Maggie

Spielen, was einem bekannt vorkommt

01. November 2009

Corinna Harfouch über "This is love", ihre Karriereanfänge in der DDR und irritierende Erfahrungen in einer Fernsehserie - Roter Teppich 11/09

In über 80 Film- und Fernsehrollen hat die 1954 im thüringischen Suhl geborene Corinna Harfouch bislang ihre enorme Wandlungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Erste Erfolge feierte sie noch in der DDR auf der Theaterbühne, nach der Wende wurde sie schnell zu einem gesamtdeutschen Star. Für ihre Rollen in „Gefährliche Freundin“, „Der Ausbruch“, „Vera Brühne“ oder „Irren ist männlich“ wurde sie vielfach ausgezeichnet, u.a. mit den Bayerischen und Deutschen Filmund Fernsehpreisen, mit dem Adolf-Grimme-Preis oder der Berlinale-Kamera. In ihrem neuen Kinofilm „This is Love“ spielt sie auf eindringliche Weise eine verlassene Ehefrau, die ihren Kummer im Alkohol ertränkt, und in ihrem Beruf als Polizistin mit einem Mann konfrontiert wird, der ebenfalls an den Fallstricken der Liebe zu zerbrechen droht.

trailer: Frau Harfouch, Sie haben ja nun schon mehrfach mit Matthias Glasner zusammengearbeitet. Ist es einfacher, wenn man den Regisseur schon kennt, wenn man sich auf eine solch emotional fordernde Rolle einlassen muss?
Corinna Harfouch: Ich glaube, man kennt sich sofort oder nicht, nie mehr. Matthias und ich, wir kannten uns sofort. Das war bei unserem ersten Film, „Sexy Sadie“ von 1996, und dafür gibt es Gründe, die man gar nicht so im Einzelnen zusammentragen kann. Manche davon liegen in den Tiefen der jeweiligen Persönlichkeit. Da geht es um Ansichten, was man vom Leben hält, was man einander erzählen möchte und womit man sich selbst auseinandersetzt. Welche Leidenschaften man hat oder was einen alles nicht so interessiert. Und natürlich auch die Spannung des Fremden im anderen.

Können Sie Ihre eigenen Emotionen beim Dreh denn gut zurückstellen oder beziehen Sie diese sogar in die Rolle mit ein?
Für mich gibt es da keine Trennung. Ich kann doch nur spielen, was meine eigenen Emotionen streift, was mir selbst bekannt vorkommt, was ich selbst ermessen kann, was ich bislang erfahren habe.

Verfolgt Sie das dann am Abend nach Drehschluss hinaus?
Eher nicht, wenn es so wie hier ist. In diesem Fall hat es mich soweit verfolgt, als dass ich privat immer mal ein Gläschen Wodka getrunken habe (lacht). Und das ist weder vor dem Film noch danach eine Sorte Schnaps gewesen, die ich gemocht habe, aber während des Drehs habe ich ganz gerne Wodka getrunken. Aber ansonsten war ich sehr glücklich und eins mit der Rolle und fühlte mich nicht verfolgt. Ich fühlte mich erfüllt.

Matthias Glasner scheint in Bezug auf Liebe eher pessimistisch eingestellt zu sein. Romantische Liebe gibt es für ihn nicht. Er zeigt uns, wie Liebe noch sein kann: dass es mehr Leid gibt in der Liebe als Glück. Wie ist Ihre eigene Einstellung dazu?
Es ist selbstverständlich genau so, wie er sagt. Die großen Liebesschmerzen sind das Intensivste an Gefühlen, was man in seinem Leben erleben kann … oder muss. So etwas hält man nicht oft aus. Wenn man es einmal durchgemacht hat, und so etwas dauert ja unglaublich lange, bis sich dann auch wirklich der letzte Wahnsinnstropfen in einem aufgelöst hat, dann möchte man das möglichst nie wieder erleben, denn das ist einfach fürchterlich.

Ihr Karriereanfang war seinerzeit noch in der DDR. Wie sind Ihre Erinnerungen an das Arbeiten in diesem System?
Meine wichtigsten Erfahrungen als Schauspielerin habe ich natürlich in meinen Anfangsjahren gemacht. Damals habe ich das Allermeiste gelernt. Ich habe eine hervorragende Ausbildung genossen (an der Ernst-Busch-Schauspielschule; die Red.) und dann hatte ich das Glück, dass ich wirklich mit hochkomplizierten Menschen arbeiten durfte. Am Theater habe ich mit Heiner Müller „Lady Macbeth“ gemacht, mit Horst Sagert habe ich den „Urfaust“ gemacht, ich habe in der „Dreigroschenoper“ gespielt und mit vielen, für mich wirklich sehr prägenden Regisseuren am Theater zusammengearbeitet. Die haben mir das gute Gefühl gegeben, dass ich interessant genug für sie bin und dass ich ein Recht habe, auf dieser Bühne zu stehen und für sie zu spielen, dass ich auch die Kraft habe, den Raum auszufüllen. Das war Training und Erfüllung für mich zugleich.

Haben Sie denn für Ihre zahlreichen nationalen und internationalen Auszeichnungen eine Vitrine oder ähnliches?
Nein, ich habe keine Vitrine. Ehrlich gesagt: Der Adolf-Grimme-Preis beispielsweise ist ein Preis, der so gearbeitet ist, dass er innerhalb kürzester Zeit bereits kaputt geht. Oder der Bayerische Film- und Fernsehpreis, die sind aus Porzellan und beide sind nur noch zur Hälfte da, weil sie irgendwann mal runtergefallen sind. Aber Preise sind sowieso nichts, was ich irgendwo hinstellen würde, wo sie im Alltag ständig sichtbar sind. Das wäre für mich irgendwie seltsam, andere gehen anders damit um, und das ist auch in Ordnung.

Könnten Sie sich vorstellen, mal wieder eine regelmäßige Fernsehrolle zu übernehmen? „Eva Blond“ ist schon ein paar Jahre her, davor spielten sie regelmäßig in „Unser Lehrer Doktor Specht“…
So etwas wie „Unser Lehrer Doktor Specht“ könnte ich mir nicht mehr vorstellen. Das war schon sehr heftig, da hatte ich zu kämpfen. Wird so etwas heutzutage überhaupt noch gedreht (lacht)? Da wird man auf eine komische Mittellage festgelegt, da konnte ich nichts Persönliches, Spezielles einbringen. Manche Kollegen können das, ich konnte das nicht. Das hat mich ganz und gar irritiert, dass man aus den verschiedenen Folgen sämtliche Szenen durcheinander dreht und man als Schauspieler nie weiß, wo man sich mit seinem Herzen gerade befindet. Man wird gezwungen, geradezu hineingetrieben, alles so unkenntlich und beliebig wie möglich wegzuplappern. Und das empfinde ich als anstrengend. Aber „Eva Blond“ habe ich geliebt, und so etwas könnte ich mir auch wieder vorstellen.

FRANK BRENNER

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