Es ist fast ein Kölner Ritual: Wenn es brenzlig wird, wirft sich die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker in die Bresche. Wodurch nicht alles besser wird. Das ist bei der unseligen Diskussion um das Mahnmal für die Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße so. Und das gilt auch für die missratene Suche nach einem Nachfolger für Schauspielchef Stefan Bachmann. Zur Erinnerung: Im Januar hatte Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach als Kandidaten Carl Philip von Maldeghem, den Chef des Salzburger Landestheaters, präsentiert. Ein Sturm der Entrüstung brandete durch die Stadt und die Republik lachte einmal mehr über den rheinischen Provinzialismus. Maldeghem zog daraufhin seine Bewerbung zurück und das Kölner Kulturdezernat stand wie ein begossener Pudel da. Die öffentliche Demütigung folgte auf dem Fuß, als Oberbürgermeisterin Henriette Reker ihrer Dezernentin die Zuständigkeit für die Intendantensuche aus der Hand nahm.
Eine Findungskommission wurde eingesetzt, die nun offenbar mehr Zeit braucht. Dass die Kölner Kulturlandschaft, aber auch die Sanierung der Bühnen den Posten nicht grade attraktiv erscheinen lassen, dürfte inzwischen jedem klar sein. Erster Zwischenerfolg: Der amtierende Schauspielintendant Stefan Bachmann bleibt bis 2023. Ursprünglich hatte er vor zwei Jahren seinen Vertrag sogar verkürzt und wollte 2021 schon gehen. Nach dem Debakel der Intendantenkür bekundete Bachmann allerdings seine Bereitschaft zu helfen und bot eine Vertragsverlängerung an, die die Stadt damals brüsk ablehnte. Nun also doch.
Offensichtlich ist allerdings auch, dass Bachmanns Intendanz mit dem Engagement von Chefdramaturgin Beate Heine erheblich an Kontur gewonnen hat. Schon das Who‘s who der Regie gerät von Spielzeit zu Spielzeit immer spektakulärer: Neben Ersan Mondtag und Frank Castorf wird in der nächsten Spielzeit auch noch Luk Perceval nach Köln kommen, Regisseur David Gaitán vom Nationaltheater Mexico City bringt das Stück „Der Wilde“ auf die Bühne. Und die auch nicht gerade an Unterbeschäftigung leidende Truppe Rimini Protokoll realisiert mit „Utopolis“ ein Stadtprojekt. Alte Besen kehren mitunter doch besser.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Standbein und Spielbein
Pinar Karabulut und Rafael Sanchez gehen nach Zürich – Theater in NRW 01/24
Tausch zwischen Wien und Köln
Kay Voges wird Intendant des Kölner Schauspiels – Theater in NRW 09/23
Interims-Intendant für den Neuanfang
Rafael Sanchez leitet ab 2024 das Schauspiel Köln – Theater in NRW 06/23
„Enorme Einbußen“
Theater in Zeiten des Corona-Virus – Theater in NRW 04/20
Berufungs-Farce
Kölns Versuch, einen Schauspiel-Intendanten zu berufen – Theater in NRW 03/19
Fallen und Auffangen
Tanzgastspiele in Köln – Tanz am Rhein 08/18
Der Staubsauger flippt aus
Sasha Waltz zeigte ihr Meisterstück „Allee der Kosmonauten“ in Köln – Tanz in NRW 02/18
Die Ufa und die Nibelungen
Chefdramaturg Thomas Laue verlässt das Kölner Schauspiel – Theater in NRW 05/17
Zum Fremdschämen
In Köln wird das Musical gleich zweimal zu Grabe getragen – Musical in NRW 03/16
Das sinnliche Altersheim
Peeping Tom zeigte großartiges Tanztheater mit Humor – Tanz in NRW 12/14
Im Schatten der Antilopen
Akram Khan zeigt die Sprengkraft von Strawinskys „Sacre“ in Düsseldorf und Köln – Tanz in NRW 12/13
Tanz tauschen
Mehr Wertschätzung für den Tanz – Tanz in NRW 12/13
Endspurt für Mammut-Projekt
Beethovenhalle kurz vor der Fertigstellung – Theater in NRW 11/24
Jünger und weiblicher
Neue Leitungsstruktur am Mülheimer Theater an der Ruhr – Theater in NRW 10/24
Überleben, um zu sterben
Bund will bei der Freien Szene kürzen – Theater in NRW 09/24
Bessere Bezahlung für freie Kunst
NRW führt Honoraruntergrenzen ein – Theater in NRW 08/24
Mit allen Wassern gewaschen
Franziska Werner wird neue Leiterin des Festivals Impulse – Theater in NRW 07/24
„Zero Waste“ am Theater
Das Theater Oberhausen nimmt teil am Projekt Greenstage – Theater in NRW 06/24
Demokratie schützen
Das Bündnis Die Vielen ruft zu neuen Aktionen auf – Theater in NRW 05/24
Theatrales Kleinod
Neues Intendanten-Duo am Schlosstheater Moers ab 2025 – Theater in NRW 04/24
Neue Arbeitszeitregelungen
Theater und Gewerkschaften verhandeln Tarifvertrag – Theater in NRW 03/24
„Der Tod ist immer theatral“
Theatermacher Rolf Dennemann ist gestorben – Theater in NRW 02/24
Das diffamierende Drittel
Einkommensunterschiede in der Kultur – Theater in NRW 12/23
Neues Publikum
Land NRW verstetigt das Förderprogramm Neue Wege – Theater in NRW 11/23