trailer fragt: Welche Initiativen zeigen uns den Weg?
So grau wie an diesem Novembermittag ist es hier nicht immer, weiß Mila Ellee von der Hafeninitiative. Sie erzählt, wie es im Sommer aussieht. Wenn es die AnwohnerInnen ans Ufer des Dortmunder Hafens zieht. Um etwa gemeinsam ein Feierabendbier zu trinken und auf den Sonnenuntergang zu starren. Oder um sich ein paar Meter weiter im Kanal abzukühlen. „Das soll erhalten bleiben, ohne Konsumzwang“, sagt sie. Doch das ist aktuell ungewiss. Die Stadt plant, das gesamte Gelände umzukrempeln.
Grafiken erwecken bereits, wie es danach aussehen könnte: das einstige Industriegebiet erscheint als geleckte Hafenpromenade mit Büros und Gastronomie. Auch ein Gründungs-Campus für Start-ups soll angesiedelt werden, genauso wie Prestige-Projekte wie der „Lensing Media Port“. Dafür nimmt die Stadt Kapital in die Hand, um private Investoren anzulocken.
Gegen eine Umgestaltung und Aufwertung haben sie bei der Hafeninitiative nichts, wie Florian Heinkel betont: „Aber die Frage ist doch, wie es passiert und was dabei am Ende herauskommt“, sagt er. „Die Planung findet von Investoren statt, die Bürger werden nicht mitgenommen.“ Derzeit läuft eine Ausschreibung, bei der StadtplanerInnen ihre Konzepte einreichen können. Transparenz und Partizipation? Fehlanzeige meint Mila Ellee: „Es wird ohne Berücksichtigung der Nordstadtbewohner hier eingedampft, davor warnen wir.“
Die Initiative entstand Ende 2018, nachdem das Netzwerk „Recht auf Stadt“ die BürgerInnen zu einem offenen Treffen eingeladen hat. Und das Interesse war groß. Bis zur Treppe reichte der Andrang im Keller des Rekorders. Hier haben sich die knapp 30 Aktiven gefunden. Seitdem treffen sie sich dienstags im Kulturzentrum Black Pigeon, jeder kann kommen, wie sie betonen.
Einen Erfolg konnten sie bereits verbuchen: Die Stadt stößt mit ihrer marktradikalen Marschroute auf Widerstand. So wie etwa bei einem Bürgerdialog im Oktober. Offiziell hatten die städtischen Vertreter zu einem offenen Austausch eingeladen, letztendlich jedoch fertige Pläne präsentiert. „Vieles steht schon fest“, kritisiert Florian Heinkel. „Durch eine Bürgerbeteiligung muss es aber anders aussehen als vorher geplant.“
In der Initiative befürchten sie Einschnitte in der Wohn- und Lebensqualität. Denn die liegt ohnehin nicht hoch in der Nordstadt. Armut und Obdachlosigkeit prägen das Leben. Fast jeder vierte ist arbeitslos. Die Sorge um steigende Mieten oder gar Verdrängung durch den Hafenumbau geht um. „Die werben damit auch schon in Wohnungsanzeigen“, erzählt Mila Ellee. „Die Investoren haben das auf dem Schirm.“
Dortmunds Oberbürgermeister Ulrich Sierau (SPD) wirbt zwar mit 5.000 Arbeitsplätzen, die das Projekt den AnwohnerInnen bescheren soll. Doch der Start-up-Campus wird vor allem digital-kreative Arbeitskräfte anlocken. Angesichts der Prekarisierung und den Erwerbslosenzahlen sprechen aktuell kaum Fakten dafür, dass die AnwohnerInnen in den nächsten Jahren in Co-Working-Spaces vor ihren Notebooks über Wachstumspotentiale brüten.
„Die bringen den Leuten vor Ort keine Arbeitsplätze“, meint Florian Heinkel über diese Pläne. Eine Ausnahme bilde höchstens die Gastronomie, so der Aktivist. Doch bei der Hafeninitiative fordern sie vor allem, dass das Industriegebiet als Freiraum bewahrt wird. Denn kein Dortmunder Bezirk ist dichter besiedelt, Grün- und Erholungsflächen sind rar. Daher die Forderung nach Mitbestimmung: „Wenn die Stadt gute Pläne hat, sollte sie vor ihren Bürgern keine Angst haben“, fordert Florian Heinkel eine Mitbestimmung. Damit der Hafen weiterhin für alle offen bleibt. Denn sonst erscheint es hier bald auch an Sommertagen grau.
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