In der Metropole Ruhr prallen verschiedene Zeiten aufeinander. Wo früher Kohle gefördert wurde, befinden sich nun Besucherzentren. Stahlwerke wurden zu Theaterstätten umfunktioniert, Zechentürme sind umgeben von Parkanlagen. Industriedenkmäler wie die Jahrhunderthalle in Bochum, die Zeche Zollverein in Essen oder das Gasometer Oberhausen sind Zeugnisse des Strukturwandels und zugleich dessen künstlerische Aufarbeitung. Ein 400 Kilometer langer Rundkurs, die „Route Industriekultur“, verbindet die Standorte miteinander und baut so eine Brücke zwischen Erinnerung und Fortschritt.
Einzigartig in Europa
Das industriekulturelle Vermächtnis des Ruhrgebiets gilt als herausragend, die Anzahl der erhaltenden Standorte auf vergleichsweise engem Raum als Alleinstellungsmerkmal. „Nirgendwo in Europa lässt sich mehr Industriekultur erleben und entdecken als im Ruhrgebiet“, sagt Jens Hapke, Pressesprecher des Regionalverbands Ruhr (RVR), „wie an einer Perlenschnur reihen sich ehemalige Hochöfen, Maschinenhallen, Fördertürme und Gasometer aneinander“. Der RVR ist seit 2004 Träger der Route und begleitet deren Entwicklung; auch für Qualitätssicherung, Marketing und Netzwerkmanagement ist der RVR zuständig. Vor allem hat sich der Verband die Erhaltung der Industriedenkmäler zum Ziel gesetzt. „So bewahrt die Route Industriekultur das einzigartige kulturelle Erbe der Region“, so Hapke, „sie ist das touristische Aushängeschild fürs Ruhrgebiet“.
Die Entstehung des Ruhrgebiets
Hervorgegangen ist die Route aus der Internationalen Bauausstellung Emscher Park, eröffnet wurde sie nach der Endpräsentation im Jahr 1999. Seitdem wurden die Standorte stetig weiterentwickelt. Hinzugekommen sind beispielweise Radwege, sie verbinden die 27 Ankerpunkte, 13 Arbeitersiedlungen und 17 Panoramen auf ehemaligen Zechenbahntrassen. Während Ende der 90er Jahre noch diskutiert wurde, ob die ehemaligen Industriestandorte erhalten werden sollen, ist das Projekt heute weitgehend unumstritten. „Die Besucherzahlen und die Vielfalt der Angebote sprechen für sich“, betont Hapke. Sieben Millionen Menschen lockt die Route jedes Jahr an. Gerade die Zeche Zollverein, seit 2001 Unesco-Welterbe, gilt als Tourismusmagnet – und als Wirtschaftsfaktor. Die einzelnen Standorte vermitteln dabei nicht nur einen Eindruck des Strukturwandels, sondern auch der Entstehung des Ruhrgebiets: Denn erst durch die Kohle- und Stahlindustrie wurde die landwirtschaftlich geprägte Region zu einem der größten industriellen Ballungsräume Europas – und erhielt den Namen Ruhrgebiet.
Orte der Zukunft
Mit dem Strukturwandel setzt sich auch die Internationale Gartenausstellung (IGA) auseinander. Zum ersten Mal wird die IGA 2027 in Nordrhein-Westfalen stattfinden. An fünf Hauptstandorten sollen im Ruhrgebiet „Zukunftsgärten“ entstehen, die unter dem Motto „Wie wollen wir morgen leben?“ eine Brücke zwischen der historisch gewachsenen Industrie und urbaner Transformation schlagen. Themen sind alternative Mobilität, Barrierefreiheit, grüne Energie und Digitalisierung. Die Gärten finden unter anderem auf der Route Industriekultur ihren Platz. So dient der Gelsenkirchener Nordsternpark als Teil der „Zukunftsinsel“ als Basis für ein Upcycling der Landschaft. Auch in Dortmund soll rund um die geschichtsträchtige Kokerei Hansa ein Areal entstehen, das für kulturelle Events genutzt werden kann.
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