Wer in Köln getragene Kleidung spenden möchte, hat die Qual der Wahl: Kleiderkammern, Altkleidercontainer, Secondhandläden – die Liste möglicher Abnehmer ist lang. Doch nicht immer ist klar, ob Kleidung oder Erlöse aus Secondhand-Verkäufen wirklich dort ankommen, wo sie gebraucht werden.
Um eine bessere Übersicht in Köln zu schaffen, gründeten neun gemeinnützige Organisationen 2015 das Netzwerk 2. Hand Köln, darunter die Diakonie Michaelshoven, die Sozialistische Selbsthilfe Mülheim und das Umweltzentrum Köln. „Wir möchten das Thema Secondhand gemeinsam bewerben,“ erklärt Ismail Bulut, Pressesprecher des Deutschen Roten Kreuzes im Kreisverband Köln.
Die Mitglieder des Netzwerks nehmen Sachspenden wie Kleidung, Möbel oder Hausrat an. Das Ziel: Spenden sollen lokal weitergegeben und wiederverwendet werden – also in Köln bleiben. Das schont erstens Ressourcen, da eine getragene Jeans nicht per Lkw, Schiff oder Flugzeug um die halbe Welt reist. Zweitens stärkt es das Gemeinschaftsgefühl vor Ort, ist Bulut überzeugt.
Per Klick zur Sammelstelle
Neben Informationsflyern und Plakaten informiert eine gemeinsame Webseite über den Umgang mit Sachspenden. Besucher sehen dort auf einer Google-Maps-Karte mit allen Standorten der beteiligten Organisationen, wo sie welche Sachspenden in ihrer Nähe abgeben oder erhalten können. Das Deutsche Rote Kreuz betreibt beispielsweise eine Kleiderkammer in Köln-Ehrenfeld, wo Bürger mit Köln-Pass oder Flüchtlingsstatus für eine geringe Schutzgebühr Kleidung bekommen können.
Der Hintergrund: Kleidung wird produziert, gekauft, getragen, gespendet und dann entweder weitergetragen oder recycelt und zu neuen Textilien verarbeitet. Doch einige Stolpersteine stören den Warenkreislauf. In der Fast-Fashion-Welt werden so viele Textilien produziert, dass der Markt für gebrauchte Kleidung längst gesättigt ist. Ein großer Teil gespendeter Kleidung wird aus Deutschland nach Afrika oder Asien exportiert, dort jedoch häufig in der Menge und schlechten Qualität gar nicht gebraucht. Der lokale Textilhandel dort leidet unter dem Importstrom minderwertiger Ware. Das Netzwerk 2. Hand in Köln legt daher den Fokus auf lokale Wiederverwertung.
Weniger ist mehr
Gleichzeitig nimmt die Qualität der Kleidung stetig ab, was vor allem an großen Aufkommen von Billigware liegt, wofür beispielsweise das Label Shein scharfe Kritik erfährt. „Etwa 40 Prozent unserer Spenden sind unbrauchbar und müssen entsorgt oder industriell verwertet werden“, erklärt Bulut. Viele Textilien aus Mischmaterialien lassen sich jedoch kaum noch zu Putzlappen verarbeiten.
Die EU strebt bis 2050 Klimaneutralität an, ab Januar 2025 gilt deshalb EU-weit eine Getrenntsammelpflicht für Alttextilien. Das Deutsche Rote Kreuz erklärt dazu jedoch, dass dieses Gesetz nur bedingt etwas ändern werde, da in Deutschland bereits ein nahezu flächendeckendes System zur Sammlung gebrauchter Textilien existiere. Um Kreislaufwirtschaft wirksam zu fördern, seien vielmehr Maßnahmen zur Abfallvermeidung und -beratung notwendig. Hier ist die Industrie gefragt, nachhaltigere Mode und zeitlosere Trends zu produzieren. Es würde so zwar weniger, dafür aber höherwertige Kleidung gespendet und entsorgt. Das Netzwerk 2. Hand Köln leistet einen Beitrag dafür, Verbraucher über Textilkreisläufe und Wiederverwertung zu informieren und und Secondhand nicht nur als Lifestyle oder Gewissensberuhigung zu sehen.
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