Am 25.2. zeigt das Theater- und Konzerthaus Klingenstadt Solingen „Hieronymus B. – Tanz durch Hölle und Paradies“ von Nanine Linning, der Chefchoreografin der Dance Company Theater Heidelberg, die das Theater zum Ende der Spielzeit verlässt.
Linning kam nach Heidelberg, um eine neue Tanzkompanie aufzubauen, mit welcher sie der Stadt Heidelberg seitdem zum Ruf einer Tanzstadt verholfen hat. Ihre Arbeiten sind bildgewaltig, ihre Choreografien virtuos, zeitgenössisch, sehr physisch und fordernd. Das Stück „Hieronymus B.“ schuf sie 2015, ein Jahr später jährte sich der Todestag des niederländischen Malers Hieronymus Bosch zum fünfhundertsten Mal. Sein häufig rätselhaftes und mystisches Werk hat bis heute Bedeutung, weil er Gemälde über den Mensch zwischen Himmel und Hölle schuf. Seine Bilder zeigen Menschen, die sich leidenschaftlich der Körperlichkeit hingeben, genauso wie Folterszenen, Operationen im ausklingenden Mittelalter und Hinrichtungen. Seine Figuren beobachten den Untergang ihrer Zeit und gehen in eine ungewisse Zukunft.
Von Linning in Bewegung versetzt, entfalten die Ideen und Bilder von Bosch neue Kraft. Sie sieht die Körper auf der Bühne immer im großen Zusammenhang, weshalb sie eng mit Musikern und Designern zusammenarbeitet. Les Deux Garcons schufen Bühne und Kostüm für das Stück, darin verschmelzen die Körper geradezu zu den häufig gewalttätigen und dunklen Bildern des niederländischen Meisters. Ein Abend, in dem man vollkommen in die Zeit, Ideengeschichte und Gedankenwelt des Malers eintaucht. Das kann noch heute von Bedeutung sein, da große Fragen noch immer dieselben sind: Was treibt die Menschen an? Eine Frage, die Linning und Bosch verbindet, da sie sich choreografisch gerne mit Instinkten, Begierden und Emotionen beschäftigt. Religion, Sünde und Hoffnung, diese Themen haben gerade wieder Aktualität erlangt. 2016 wurde das Stück nach ´s-Hertogenbosch eingeladen, um das Gedenkjahr an Bosch zu eröffnen, eine Adelung für Linnings Heidelberger Company.
Sie kommt aus Amsterdam, studierte an der Tanzakademie in Rotterdam und war Hauschoreografin des Rotterdamer Scapino Ballett, bevor sie sich 2006 auf ihre eigene Company konzentrierte und 2012 nach Heidelberg kam. Ihre Arbeit wurde mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Philip-Morris Kunstpreis 2003. Eine Künstlerin, die noch viel vor hat, weshalb sie die Company nun verlässt. In einem Interview mit der Rhein-Neckar-Zeitung begründete Linning ihren Fortgang so: „Nicht aus Wut oder Überdruss, sondern weil die Kunst vom stetigen Wandel lebt. Ich hatte und habe hier eine tolle Zeit, möchte aber Neues ausprobieren. Deshalb bin ich mit Festivals im Gespräch über Gastchoreografien. Ich habe Lust auf neue Inhalte, neue Formen und neue Räume – vielleicht auch einmal in einem Museum.“ Zunächst zieht es sie nach London, ist im selben Interview zu lesen. Zuvor können wir aber „Hieronymus B.“ in Solingen erleben.
„Hieronymus B. – Tanz durch Hölle und Paradies“ | R: Nanine Linning | So 25.2. 18 Uhr | Theater und Konzerthaus Solingen | 0212 20 48 20
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