Erst vor knapp fünf Jahren kam das jüngste Beispiel auf die Kinoleinwände: Der britische Regisseur Guy Ritchie stellte in seiner „Aladin“-Verfilmung den Bauchtanz so dar, wie sich dieser in das westliche Gedächtnis eingebrannt hat: als „exotischer“ Tanz. Bis in unsere Gegenwart haben sich koloniale Vorstellungen erhalten, die das Bild des Bauchtanzes im Westen prägen.
Den Bauchtanz von Vorurteilen befreien
Mit ihrer Performance „We Love 2 Raqs“ will Choreografin Tümay Kılınçel den orientalischen Tanz von diesen Vorurteilen befreien. Damit beginnt sie bereits beim Titel, der auf die ursprüngliche arabische Bezeichnung für Bauchtanz verweist, Raqs Sharqi (übers.: Tanz des Ostens). Die Koproduktion mit dem HAU – Hebbel am Ufer Berlin, dem Künstlerhaus Mousonturm und dem FFT Düsseldorf wird im September als Gastspiel beim Festival Favoriten (5-15.9. in Dortmund) gezeigt.
Mit „We Love 2 Raqs“ knüpft Kılınçel an ihr vorheriges Solo „Danzös“ an, in dem sie sich ihrem Verhältnis zum Raq widmete. Die aktuelle Produktion befasst sich dagegen mit dem Kollektiv. Es fehlen die folkloristischen Bauchtanzkostüme, die mit dem Raqs Sharqi während der 1920er Jahre in den Cabarets der Metropolen des Nahen Ostens und Nordafrikas populär wurden. Stattdessen schlüpfen die nicht nur weiblich gelesenen Bühnenakteure in minimalistische schwarze Kleidung. So stellt Kılınçel einerseits einen Bezug zu Queerness her und schafft andererseits eine Verbindung zwischen den Tänzern.
Kein Purismus
Obwohl Kılınçel Klischees über den Orient entgegenwirken möchte, geht es ihr nicht um Purismus. Vielmehr bringt sie in ihrer Choreografie unterschiedliche Tanzstile zusammen: vom American Tribal Style über das Voguing bis hin zum Baladi, einem folkloristischen und improvisierten Stil aus Ägypten. Den Klangteppich dafür liefern Dima Dawood (Kanun) und Sultan Kara (Perkussion). Die Rhythmen dafür haben sie mit der Tänzerin Dina Abdelhafez erarbeitet.
We Love 2 Raqs | Do 12.9. 19 Uhr | Theater im Depot, Dortmund | 0231 98 21 20
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Krieg und Identität
„Kim“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 11/24
Im Kreisrund sind alle gleich
4. Ausgabe des Festivals Zeit für Zirkus – Tanz in NRW 11/24
Liebe ist immer für alle da
„Same Love“ am Theater Gütersloh – Prolog 11/24
War das ein Abschied?
Sônia Motas „Kein Ende“ in den Kölner Ehrenfeldstudios – Tanz in NRW 10/24
Torero und Testosteron
„Carmen“ am Aalto-Theater in Essen – Tanz an der Ruhr 10/24
Supergau?
Die TanzFaktur steht wieder einmal vor dem Aus – Tanz in NRW 09/24
Kaffee, Kuchen, Stacheldraht
12. Tanz.Tausch Festival in der Kölner TanzFaktur – Tanz in NRW 08/24
Gegenwart einer Gegenkultur
„Pump Into The Future Ball“ in der Jahrhunderthalle Bochum – Tanz an der Ruhr 08/24
Wunderbar: alles ohne Plan
„Leise schäumt das Jetzt“ in der Alten Feuerwache – Tanz in NRW 07/24
Körperpolitik und Ekstase
„Tarab“ auf PACT Zollverein – Tanz an der Ruhr 07/24
Vor der Selbstverzwergung
Ausstellung zu den „Goldenen Jahren“ des Tanzes in Köln – Tanz in NRW 06/24
Philosophie statt Nostalgie
Das Circus Dance Festival in Köln – Tanz in NRW 05/24
Stimme gegen das Patriarchat
„Tabak“ am Essener Grillo-Theater – Prolog 11/24
„Ich glaube, Menschen sind alle Schwindelnde“
Regisseurin Shari Asha Crosson über „Schwindel“ am Theater Dortmund – Premiere 11/24
Mentale Grenzen überwinden
„Questions“ am Münsteraner Theater im Pumpenhaus – Prolog 10/24
Bollwerk für die Fantasie
Weihnachtstheater zwischen Rhein und Wupper – Prolog 10/24
Der Held im Schwarm
„Swimmy“ am Theater Oberhausen – Prolog 10/24
„Was dieser Mozart gemacht hat, will ich auch machen“
Komponist Manfred Trojahn wird 75 Jahre alt – Interview 10/24
„Hamlet ist eigentlich ein Hoffnungsschimmer“
Regisseurin Selen Kara über „Hamlet/Ophelia“ am Essener Grillo Theater – Premiere 10/24
Das gab es noch nie
Urbanatix im Dezember wieder in Essen – Bühne 10/24
Die Zwänge der Familie
„Antigone“ in Duisburg – Prolog 09/24
Das schöne Wesen aller Dinge
Festival Spielarten 2024 in NRW – Prolog 09/24