Es gibt derzeit fast alle Arten von Hygieneregeln im Theater: 2G, 2G+, 3G, Schachbrett-Sitzordnung, volle Auslastung, Maskenpflicht. Die Methoden reichen dabei von streng bis absurd, doch die Drohung einer erneuten Schließung schwebt nach wie vor über allen Häusern. Vermutlich deshalb hat die neue geschäftsführende Direktorin des Deutschen Bühnenvereins Claudia Schmitz zu ihrem Dienstantritt einen bemerkenswerten Befund formuliert: „Theater und Konzerthäuser (...) haben während der Pandemie ihre fundamentale, heilsame Wirkkraft eingebüßt“. Die Schließung gemeinschaftsstiftender Orte wieder Bühnen habe letztlich die gesellschaftlichen Grabenkämpfe und Auseinandersetzungenverstärkt. Und gerade deshalb, so Claudia Schmitz, gelte es, denkurativen Aspekt des Theaterbesuchs zu betonen: „Unsere Aufgabe ist es jetzt, (...) die Unverzichtbarkeit von Theatern und Orchestern als Bildungsinstitutionen, als Kommunikations- und Emotionsorte für das gesellschaftliche Miteinander hervorzuheben“. Man darf gespannt sein, wie die neue Direktorin das in eine strategische Politik des Arbeitgeberverbands der deutschen Bühnen umsetzt.
Claudia Schmitz hat ihren Job am 1. Januar 2022 als Nachfolgerin von Marc Grandmontagne angetreten, der aus familiären Gründen ausgeschieden ist. Schmitz ist damit die erste Frau auf diesem Posten. Auch wenn dem Deutsche Bühnenverein in früheren Zeiten einmal für ein Jahr eine Präsidentinvorstand, ist der Verband einweitgehend männlich dominiertes Lobbyorgan. Claudia Schmitz bricht nun in diese Phalanx ein. Die 51-Jährige hat zwar Jura studiert, ihr ganzes Berufsleben aber am Theater verbracht – ob als Referentin des Generalintendanten am Nationaltheater Mannheim, als Verwaltungsleiterin des jungen Ensemble Stuttgart oder als Verwaltungsdirektorin an den Theatern in Göttingen, Braunschweig und zuletzt am Düsseldorfer Schauspielhaus. Anders als ihre Vorgänger Marc Grandmontagne und Rolf Bolwin kennt Claudia Schmitz damit das Theater schon bei Dienstantritt bis in seine innersten Funktionszusammenhänge. Das ist nicht nur ein unschätzbarer Vorteil, sondern wird auch notwendig sein, wenn sie neben der Lobbyarbeit und den Tarifauseinandersetzungen auch die ethische Selbstverpflichtungen des Theater in Sachen Verhaltenscodex und Diversität befördern will.
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