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Die Szene hat sich berappelt
Foto: Francis Lauenau

Die Guerilleros aus Gelsenkirchen

04. Januar 2011

„Kunst Peripherie Ruhrstadt“ macht Ausstellungen für nur einen Tag - Thema 01/11

Am Anfang war eine kalte, zugige Ückendorfer Halle. Die Heizung versagte jämmerlich, das löcherige Dach verwandelte den Raum in Tropfhöhle und Pfützenland. Unter diesen Umständen im Advent 2009 Kunst zu präsentieren, war ohne Zweifel eine abenteuerliche Vorstellung. Doch sie gelang. Seitdem ist die Stadt um die vielbeachtete „Kunst Peripherie Ruhrstadt“ reicher.
Das Konzept des schon sechsfach aufgelegten Events: Man nehme eine lang leerstehende Behausung, setze Bilder, Fotos, Filme, Skulpturen in irgendwie organisiertes Licht, bastle ein Beiprogramm, lade abends zur netten Party. Und verschwinde am nächsten Tag wieder. Die Kunst-Guerilla-Aktion haben der Szene-Aktivist David Kumpernas (40) und der Theatermann Daniel Schulz (37) ersonnen: „Uns war langweilig, weil einfach nix passierte.“

„Kunst Peripherie Ruhrstadt“ geriet schon im Namen als schelmischer Vorwurf an die Kulturhauptstadt-Macher, bei denen lokale Akteure sich eher an den Rand gestellt fühlten. Daraus machten Kumpernas und Schulz ein Pfund. Und wunderten sich nur anfangs über stetig steigende Resonanz, „und dass Gelsenkirchen richtig wild auf so eine Art Kultur ist.“ Nach Locations für die KPR musste man fortan nicht mehr suchen – die Angebote kamen von allein: ehemalige Muckibuden, umgebaute Schlichtwohnungen, funktionslose Gotteshäuser. Freilich waren manch offerierte Leerstände selbst unter spartanischsten Erwartungen unbrauchbar. „Da gehen wir selbst im Sommer alle tot drin“, urteilten die beiden Initiatoren über einen aufgelassenen Bunker. Im Schnitt 300 Kunst- und Partyhungrige verzeichneten die KPR-Macher an den Eventwochenenden. Zu sehen bekam man neben eher unbekannten Underdogs auch Arbeiten von gestandenen oder schon international erfahrenen Künstlerinnen wie Claudia Lüke oder Heike Feddern. Umgekehrt nutzten Newcomer die kostenlose Plattform gewinnbringend. David Kumpernas schwärmt von den Fotoarbeiten Dennis Weinbörners oder großformatigen Fischkreaturen, die Henning Dahlhaus auf Leinwand bringt. Letzterer stellte im KPR-Kontext erstmals aus – weitere Gelegenheiten folgten flugs.
Auf Unterstützung aus öffentlichen Kassen haben Kumpernas und Schulz bewusst verzichtet: „Wir wollten nicht, dass jemand in unser Konzept reinredet.“ Im neuen Jahr wird die „Kunst Peripherie Ruhrstadt“ fortgesetzt – nach bewährtem Muster, mit neuen Leer-Standorten. Mindestens einmal wollen die Macher Theater, Musik und Lesungen auch zur Hauptattraktion erheben. In Gelsenkirchen endete das Kulturhauptstadtjahr mit der Installation des 18-Meter-Herkules hoch oben auf dem „Nordstern“-Turm. Auf der Suche nach dem, was von 2010 bleibt, lohnt sich aber auch der Blick in vermeintliche „Niederungen“. Die Szene hat sich berappelt.

www.kunst-peripherie-ruhrstadt2010.de

Tom Jost

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