„Wir bewegen Welten“ lautete einmal ein ziemlich einfallsloser Werbeslogan der Post. In Düsseldorf scheint der Spruch jetzt Wirklichkeit zu werden – und zwar durch das Verschwinden der Post. 2009 ist bereits das Düsseldorfer Schauspielhaus in die alte Paketpost am Hauptbahnhof, diese Trutzburg des Brutalismus, eingezogen. Jetzt soll quasi gegenüber im früheren Verteilzentrum der Post am Konrad-Adenauer-Platz 1 ein Kulturzentrum entstehen. Im auf Wirkung bedachten Düsseldorf spricht man jetzt schon PR-gerecht vom KAP 1. Die Stadt mietet in dem Gebäude 25.000 qm² auf dreißig Jahre an. Einziehen sollen die Zentralbibliothek, das Theatermuseum, die Depoträume diverser Museen, des Stadtarchivs und des Heinrich-Heine-Instituts – sowie das Forum Freies Theater (FFT). Das hat der Rat der Stadt auf seiner Sitzung am 18. Mai entschieden.
Für das von Kathrin Tiedemann geleitete FFT könnte damit ein Traum in Erfüllung gehen. Derzeit ist das Haus auf zwei Spielstätten in Düsseldorf verteilt, die Kammerspiele in der Jahnstraße und das Juta in der Kasernenstraße. Beide Bühnen haben erhebliche Mängel: zu wenig Plätze, zu geringe Bühnenmaße sowie eine groteske Raumhöhe in den Kammerspielen. Der neue Standort könnte diese Probleme mit einem Schlag beseitigen. Im Postgebäude am Konrad-Adenauer-Platz sollen eine neue Bühne mit 235 Plätzen entstehen, dazu zwei Probebühnen sowie ein Foyer. Das FFT wird dafür seine bisherigen Spielstätten aufgeben. Die Beschränkung auf nur eine Bühne sei kein Verlust, sagt Pressesprecherin Rebecca Hermann, da beide Probebühnen sowie das Foyer bespielbar seien. Dass dies funktionieren kann, führt derzeit das Schauspielhaus vor, das während der Sanierungsphase seine Probebühnen im Central zu gut frequentierten Spielstätten umgewandelt hat. „Die Büroräume werden ebenfalls in die Post verlagert“, sagt Rebecca Hermann. Damit werden erstmal alle Mitarbeiter und Funktionen des FFT an einem Ort zusammengeführt und die nicht geringen Reibungsverluste beseitigt, die durch die Aufteilung verursacht werden.
Da das Kulturzentrum komplett umgebaut werden muss, dürfte das FFT zudem eng in die Planung der neuen Spielstätte, seine Logistik und Gestaltung eingebunden sein. Der Umzug in das neue Haus ist, so Rebecca Hermann, für 2021 geplant. Da Bauen im Bestand immer mit Unwägbarkeiten behaftet ist, klingt der Termin ehrgeizig. Neben der neuen Bühne für das FFT müssen immerhin auch das Raumprogramm der Zentralbibliothek, aber auch klimatisierte Räume für die Depots realisiert werden. Und dass Theaterspielen auf Baustellen kein Spaß ist, muss derzeit das Schauspielhaus Düsseldorf bei seiner „Sandmann“-Produktion leidvoll erfahren. Ob die FFT-Intendantin dann noch im Amt ist, ist ebenfalls noch nicht ausgemacht. Ihr Vertrag endet ein Jahr vor dem Umzug. Doch der Trägerverein dürfte vermutlich einer Vertragsverlängerung zustimmen – schon um Kathrin Tiedemann die Möglichkeit zu geben, die Früchte ihrer kulturpolitischen Mühen zu ernten.
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