Die Truppe andcompany&co. ist regelmäßig im Düsseldorfer Forum Freies Theater zu Gast. Zuletzt mit ihren Produktionen „Black Bismarck revisted“ und „Orpheus in der Oberwelt: Eine Schlepperoper“. Jetzt kommt die Gruppe im Rahmen des Förderprogramms „Doppelpass“ der Bundeskulturstiftung gleich für zwei Jahre in die Landeshauptstadt. Zusammen mit dem Jungen Schauspiel Düsseldorf, dem Kinder- und Jugendtheater des Schauspielhauses, gründet sie eine Bürgerbühne für Staatenlose. Nicht-Bürger, Geflüchtete, Asylsuchende und Undokumentierte sollen dabei ihre Erfahrungen auf der Bühne vorstellen, die dann mit der Geschichte des deutschen Exils während der Nazizeit kurzgeschlossen werden sollen.
Mit dem 2011 ins Leben gerufenen Fonds Doppelpass setzt die Bundeskulturstiftung ihre Initiative fort, freie Gruppen mit festen Häusern in Kontakt und zur Zusammenarbeit zu bringen. Ziel sind nicht nur mehr Auftrittsmöglichkeiten für die freie Szene oder die Nutzung der Infrastruktur der Stadttheater, das Kernanliegen liegt in der gemeinsamen Erarbeitung einer künstlerischen Produktion. Dafür finanziert die Bundeskulturstiftung eine zweijährige Residenz der Gruppe am jeweiligen Theater mit jeweils 150.000 Euro – wobei aber nicht die Verpflichtung besteht, die Zeit durchgehend vor Ort zu sein. 2015 sind gleich drei Gruppen oder Häuser aus NRW dabei: Neben dem Jungen Schauspielhaus Düsseldorf wird das Bonner Tanzensemble CocoonDance seine Zelte am Stadttheater Osnabrück aufschlagen. Auch sie widmen sich dem Thema Flüchtlinge, allerdings hier mit Blick auf die Geschichte der Körper. Was hat sich an Kultur, an Erfahrung, an Herkunft in den Körper eingeschrieben? Was lässt sich in neuen Zusammenhängen überschreiben?
Und das Schauspiel Dortmund schließlich beherbergt eine der wahrscheinlich subversivsten Aktivisten-Truppen der deutschen Theaterlandschaft: Das Peng! Collective aus Leipzig/Berlin. Sehr lustig zum Beispiel ihre Aktion, als sie eine Live-Sendung des Esoterik-Senders AstroTV kaperten. Der Verdacht, dass die selbsterklärten Eso-Spezialisten über teure Hotlines Anrufer abzocken, steht schon länger im Raum. Mit dem fiktiven „Astro-Clown“ Pjotr Wasabi sind Peng! Collective in die Sendung marschiert, haben auf dem Kopf des Moderators ein Ei aufgeschlagen und die Einstellung des Senders vor laufender Kamera gefordert. Oder sie schickten einen fiktiven Wissenschaftler mit einer abstrusen Maschine zum „Shell Science Slam“ und inszenierten dort eine Öl-Katastrophe, indem sie den Raum unter Wasser, bzw. unter Öl setzten. Sehr schmutzig und sehr wirkungsvoll. In Dortmund wird das Kollektiv gemeinsam mit dem Schauspieldiefiktive PR-Agentur Die Populisten gründen. Sie soll die Möglichkeit von Aktionskunst im Stadtraum, im Netz oder im Theater zu den Themen Rechtsradikalismus in Dortmund sowie der nordrhein-westfälischen Waffenproduktion ausloten. Es kann also keiner von der Borussenfront hinterher sagen, er hätte es nicht gewusst.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Antiker Zirkus
„Antigone“ am Theater Dortmund
Überleben, um zu sterben
Bund will bei der Freien Szene kürzen – Theater in NRW 09/24
Bessere Bezahlung für freie Kunst
NRW führt Honoraruntergrenzen ein – Theater in NRW 08/24
Tödlicher Sturm im Wurmloch
„Adas Raum“ am Theater Dortmund – Prolog 04/24
Das diffamierende Drittel
Einkommensunterschiede in der Kultur – Theater in NRW 12/23
Kompass des Körpers
„In-Side Sense" am FFT Düsseldorf – Tanz an der Ruhr 12/23
Angst
Beobachtung eines Kritikers im Kindertheater – Bühne 02/23
Widerstand ist immer machbar
Januar-Programm der Freien Theater im Ruhrgebiet – Prolog 01/23
Bessere Konditionen
EU stärkt Solo-Selbstständige im Theater – Theater in NRW 11/22
Das Viech im Karussell
„Woyzeck“ im Dortmunder Theaterstudio – Auftritt 10/22
„Die Urwut ist ein Motor des Menschen“
Jessica Weisskirchen über ihre Inszenierung des „Woyzeck“ – Premiere 09/22
Dunkle Fassaden
Das Theater und die Energiekrise – Theater in NRW 09/22
Schutz vor Verdienstausfällen
NRW plant Absicherung für freie Künstler – Theater in NRW 01/25
Offen und ambitioniert
Andreas Karlaganis wird neuer Generalintendant in Düsseldorf – Theater in NRW 12/24
Endspurt für Mammut-Projekt
Beethovenhalle kurz vor der Fertigstellung – Theater in NRW 11/24
Jünger und weiblicher
Neue Leitungsstruktur am Mülheimer Theater an der Ruhr – Theater in NRW 10/24
Mit allen Wassern gewaschen
Franziska Werner wird neue Leiterin des Festivals Impulse – Theater in NRW 07/24
„Zero Waste“ am Theater
Das Theater Oberhausen nimmt teil am Projekt Greenstage – Theater in NRW 06/24
Demokratie schützen
Das Bündnis Die Vielen ruft zu neuen Aktionen auf – Theater in NRW 05/24
Theatrales Kleinod
Neues Intendanten-Duo am Schlosstheater Moers ab 2025 – Theater in NRW 04/24
Neue Arbeitszeitregelungen
Theater und Gewerkschaften verhandeln Tarifvertrag – Theater in NRW 03/24
„Der Tod ist immer theatral“
Theatermacher Rolf Dennemann ist gestorben – Theater in NRW 02/24
Standbein und Spielbein
Pinar Karabulut und Rafael Sanchez gehen nach Zürich – Theater in NRW 01/24