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Ausgefischt

29. August 2024

Intro – Meeresruh

Schützen Menschen nur das, was sie kennen? Um die Ozeane wäre es dann besonders schlecht bestellt: Niemand weiß, wie viel Unbekanntes sie bergen. Die Ausmaße der größten Meerestiefen übertreffen spielend die der größten Gebirge. So liegt auf der Hand, dass die Ozeane vielfach unerforscht sind und letztlich nur gemutmaßt werden kann über die Zerstörungen, die der Mensch hier angerichtet hat. Andererseits wissen wir beispielsweise, dass unzählige Meereslebewesen durch Plastik und Geisternetze qualvoll ums Leben kommen oder Korallenriffe durch Wasserverschmutzung und Klimawandel zugrunde gehen. Unser Monatsthema MEERESRUH geht der Beziehung zwischen Mensch und Ozean nach.

Unsere Leitartikel fragen, wie ernst es der Staatengemeinschaft mit dem Meeresschutz ist, wägen ab, wie sich die mythische Verklärung der Meere zu unserem heutigen Umgang mit ihnen verhält und plädieren dafür, sich bewusst zu machen, wie fatal unser Umgang mit den Meeren ist.

In unseren Interviews warnt der Biodiversitätsforscher Pedro Martinez Arbizu vor den Folgen unkontrollierten Tiefseebergbaus, die Meeresbiologin Julia Schnetzer diskutiert, wie sich Faszination und Schutzwürdigkeit des natürlichen Lebensraums vermitteln lassen und der Klimaphysiker Thomas Frölicher erklärt, wie sich der Klimawandel auf das Meer und seine Lebewesen auswirkt.

In unseren Lokalbeiträgen erfahren wir beim Kölner Unternehmen Plastic Fischer, wie es in Indien und Indonesien Plastikmüll aus Flüssen entfernt, bevor er ins Meer gelangt, im Bochumer Tierpark, wie er über Bedrohung und Schutz der Meere aufklärt und in Wuppertal, wie der Wupperverband den Hochwasserschutz für die Herausforderungen des Klimawandels anpasst – was nicht zuletzt auch zum Meeresschutz beiträgt.

Das Wissenschaftsmagazin Science hat jüngst eine alarmierende Studie veröffentlicht: Danach steht es um viele Fischbestände sehr viel schlechter als bislang angenommen. Schuld daran sei nicht zuletzt die Fischereiwissenschaft, die die Bestände in ihren Modellberechnungen überschätzt und daraufhin der Politik zu hohe Fangquoten empfohlen habe. Jenen Berechnungen stellt die Studie Daten für 230 gut erforschte befischte Arten gegenüber und hält fest: Rund ein Drittel der Bestände sind überfischt, obwohl sie laut Welternährungsorganisation FAO „maximal nachhaltig befischt“ werden. Darüber hinaus sind 85 Prozent mehr Bestände als angenommen auf weniger als ein Zehntel ihres bekannten Höchstwertes zusammengebrochen. Ein Grund für die krassen Fehler laut Studie: Die Berechnungen berücksichtigen unnötig viele Faktoren, deren Komplexität verlässliche Schätzungen erschwere. Ist das ein Indiz dafür, dass Naturschutz eher eine Sache der Einstellung ist als eine der Statistik? Wäre es zielführender, zuzugeben, dass der kommerzielle Fischfang schlicht eine Auszeit nötig hat – statt noch dem letzten quotierten Hering nachzujagen?

Dino Kosjak/Chefredaktion

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