Menschen wollen mehr „Recht und Ordnung“, legt die EU-Wahl nahe. So hat die politische Rechte Zugewinne verbucht, während soziale und ökologische Positionen verloren haben. Überraschend? Ängste vor „Überfremdung“, rechter Gewalt, Reichsbürgern, linker Gewalt oder islamistischem Terror prägen öffentliche Debatten. Unsolidarische und aggressive Botschaften profitieren offenbar hiervon – und werden indes auch von sogenannten Mitteparteien vertreten. Es sind auch keine Hirngespinste, denen die Ängste gelten: Terroristen und Extremisten gefährden die Öffentlichkeit, die erwarten darf, dass Behörden ihr Bestes tun, um Sicherheit zu gewährleisten. Statistiken weisen zudem einen Zuwachs an häuslicher Gewalt aus, „Messerstecher“ sind in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Liegen die Nerven der Gesellschaft blanker als zuvor? Dem geht unser Monatsthema GEWALTRAUSCH nach.
Unsere Leitartikel erkennen im Diskurs über Jugendgewalt starke rassistische Tendenzen, wundern sich darüber, dass Dokus und Diskussionen über wahre Verbrechen ein so begeistertes Publikum finden und überlegen, was es braucht, um häusliche Gewalt zu verhindern.
In unseren Interviews diskutiert der Kriminologe Dirk Baier, ob Gewalt im öffentlichen Raum durch Gesetze verhindert werden kann, der Journalist Tanjev Schultz wägt ab, wo ethische Grenzen in der Kriminalberichterstattung liegen und die Familienberaterin Nina Trepp erklärt, wie Eltern in der Kindererziehung neben körperlicher auch psychische Gewalt vermeiden können.
In unseren Lokalbeiträgen erfahren wir, wie sich die Kölner Polizei um Opfer schwerer Verbrechen kümmert, in Bochum, wie der Weisse Ring Menschen hilft, die Opfer von Kriminalität geworden sind und in Wuppertal, wie der Frauen helfen Frauen e.V. Schutz vor häuslicher Gewalt bietet.
In der Politik geht es um die Macht, die Geschicke von Gemeinschaften und Staaten zu lenken und damit auch, Gewalt über Menschen ausüben zu können, sei sie auch demokratisch legitimiert. Im Ringen um diese Macht ist leider nicht das bessere Argument ausschlaggebend. Dafür sorgt nicht zuletzt eine atemlose Medienarena, die Wahrheit und Lüge kaum voneinander scheiden kann, selbst, wenn sie es wollte. Das liegt unter anderem daran, dass politische Lügen ununterbrochen unters Publikum gebracht werden, getreu dem Motto, das öffentliche Gespräch „mit Scheiße zu fluten“, wie es Steve Bannon empfahl, Ex-Berater von Ex-US-Präsident Donald Trump. Eine Lektion, in der die politische Rechte es zur Meisterschaft gebracht hat. Es liegt auch daran, dass es nicht wenigen Wählern ziemlich egal ist, wenn notorische Lügner und Menschenverächter an die Macht kommen – denn von deren Gegnern sind sie zu oft und zu schwer enttäuscht worden. Wenn bessere Argumente dagegen so wenig helfen, wie wäre es mit besserer Politik – die etwa Sicherheitsbedürfnisse und Solidarität nicht gegeneinander ausspielt?
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Der andere Grusel
Teil 1: Leitartikel – Von der rätselhaften Faszination an True Crime
„Prüfen, ob das dem Menschen guttut“
Teil 1: Interview – Publizist Tanjev Schultz über ethische Aspekte der Berichterstattung über Kriminalfälle
Orientierung im Hilfesystem
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Opferschutzorganisation Weisser Ring in Bochum
Zu Staatsfeinden erklärt
Teil 2: Leitartikel – Der Streit über Jugendgewalt ist rassistisch aufgeladen
„Es liegt nicht am Gesetz, Kriminalität zu verhindern“
Teil 2: Interview – Kriminologe Dirk Baier über Gewaltkriminalität und Statistik
Hilfe nach dem Schock
Teil 2: Lokale Initiativen – Opferschutz bei der Kölner Polizei
Maßgeschneiderte Hilfe
Teil 3: Leitartikel – Gegen häusliche Gewalt braucht es mehr als politische Programme
„Eltern haben das Gefühl, sie müssten Buddhas werden“
Teil 3: Interview – Familienberaterin Nina Trepp über das Vermeiden von psychischer Gewalt in der Erziehung
Häusliche Gewalt ist nicht privat
Teil 3: Lokale Initiativen – Frauen helfen Frauen e.V. und das Wuppertaler Frauenhaus
Fessel für die Freiheit
Elektronische Fußfessel für häusliche Gewalttäter – Europa-Vorbild: Spanien
Blutige Spiele und echte Wunden
Gewalt in den Medien: Ventil und Angstkatalysator – Glosse
Ran an die Regeln
Intro – Verspielt
Wie gewohnt
Intro – Europa
Ausgefischt
Intro – Meeresruh
Natürlich wählen
Intro – Unsere Tiere
Wahlverwandt
Intro – Beziehungsweisen
Gefahrenzulage
Intro – Arbeit oder Leben?
Ablenkungsversuch
Intro – Hab’ keine Angst
Gelassen ernst
Intro – Unheimlich schön
Zeit des Verlangens
Intro – Ganz schön empfindlich
Politik mit Vorsatz
Intro – Nach der Demokratie
Weihnachtswunder
Intro – Geben und nehmen
Wer die Demokratie gefährdet
Intro – Wer bewacht die Wächter?
Bloß kein Erbarmen
Intro – Digital unverbunden
Wen Lindner so treibt
Intro – Schöne neue Zukunft