Freitag, 1. Dezember: In diesem Jahr hatte das Frauen-Filmnetzwerk LaDOC bereits zum zweiten Mal zu einer Lectures Konferenz geladen, bei der unter dem Titel „Kraftfelder“ in Köln mit Vorträgen, Diskussionen und Filmprogrammen der Fokus auf den weiblichen Blick in der Filmarbeit gerichtet wurde. Nach der Eröffnung am Donnerstagabend im Filmclub 813 mit der Vorführung von Valeska Grisebachs neuem Film „Western“ und einem Gespräch mit der Regisseurin über ihre Arbeit, wurde am Freitagmittag in der Aula der KHM das Programm mit der Lecture „Andere Projekte mit Anderen.“ fortgesetzt, in der die Filmwissenschaftlerin und Kuratorin Madeleine Bernstorff über verschiedene Kollaborationen und Zusammenarbeiten in ihrem Schaffen berichtete. „Kraftfelder“ ist eine gemeinsame Veranstaltung von LaDOC, der Kunsthochschule für Medien in Köln (KHM) und der Gleichstellung der KHM. In ihrem Grußwort betonte die Gleichstellungsbeauftragte der KHM, Dr. Juliane Kuhn, dass für sie „die Unterstützung von Netzwerken sehr wichtig“ sei und dass man sich an der KHM auch über das Studium hinaus darum bemühe, die AbsolventInnen zu fördern und bei ihrem Eintritt in den freien Markt zu unterstützen.
Das Gespräch über feministische Filmarbeit in Kollektiven mit Madeleine Bernstorff wurde von den Filmprofessorinnen Erica von Moeller und Sophie Maintigneux moderiert, die sich ihrerseits bereits seit Jahren für Chancen und Sichtbarkeit von Frauen in der Filmbranche stark machen. Mit Bernstorff sprachen die beiden zunächst über deren Werdegang und ihre feministische Sozialisation. Die Gastrednerin aus Berlin erläuterte, dass sie zunächst im Alter von 14, 15 Jahren als „höhere Tochter“ mit den Werken von Simone de Beauvoir in Berührung gekommen sei. Eine 68erin sei sie nicht mehr gewesen, weil sie dafür zu jung gewesen sei, für die Punkbewegung schließlich aber sei sie schon zu alt gewesen, also irgendwo dazwischen anzusiedeln. Nach ersten Arbeiten im Münchner Frauenzentrum und extrem politischen Filmveranstaltungen im Werkstattkino München habe Bernstorff schließlich mit einem Kollektiv in Berlin ein ehemals türkisches Kino übernommen. „Dort spielten wir feministische Programme, auch zur ersten Lesbenwoche, die dort 1985 unter dem Titel ‚Ladies Only‘ stattfand“, erzählte sie im Gespräch in der Aula der KHM. Die Veranstaltungen seien damals durchaus kontrovers aufgenommen worden, insbesondere die Projektion des lesbischen Vampirfilms „Blut an den Lippen“ hätte zu Auseinandersetzungen zwischen „SM- und Vanilla-Lesben geführt, letztere bezeichneten wir ironisch auch als Landlesben“. Kurz darauf war Bernstorff auch an einer Handzettel-Aktion während der Berlinale beteiligt, bei der unter dem Slogan „Haben Sie heute schon einen Film von einer Frau gesehen?“ bearbeitete Berlinaleprogramme an die ZuschauerInnen verteilt wurden, auf denen mit Tipp-Ex alle Filme von männlichen Regisseuren entfernt worden waren und nur „kleine Oasen von Filmen von Frauen“ erhalten blieben.
Sophie Maintigneux ergänzte, dass die damalige Flyer-Aktion sehr simpel gestrickt war, „aber sicherlich etwas gebracht hat und mehr Aufmerksamkeit für weibliche Filmschaffende generierte“. Madeleine Bernstorffs feministischer Werdegang setzte sich 1989 mit der Mitbegründung der Kinogruppe „Blickpilotin“ fort, die aus einer geplanten Chantal-Akerman-Werkschau heraus ins Leben gerufen worden war. Der Verein zur Förderung feministischer Film-Bildungsarbeit sollte in den nächsten Jahren das Leben Bernstorffs bestimmen, die in Köln dazu erläuterte: „Es ist großartig, wenn viele verschiedene Personen ihre Ideen unter einen Hut bringen.“ Damit schlug sie auch einen Bogen zum LaDOC-Netzwerk, in dem ebenfalls AktivistInnen aus den unterschiedlichsten Disziplinen gemeinsam an der Durchsetzung einer gemeinsamen Idee arbeiten. Maintigneux stellte daraufhin die Frage in den Raum, ob die Feministinnen im Laufe der Zeit zu vorsichtig und nett geworden wären, weil sie in den 1970er Jahren noch eine Frauenquote von 50% gefordert hätten, während man sich heute mit der Forderung nach einer Quote von 40% zufriedengäbe. Zur Veranschaulichung wurde eine Übersicht der im Jahr 2005 geförderten Filmproduktionen ausgehändigt, aus der hervorgeht, dass von 421 geförderten Projekten nur 22,3% Frauenprojekte waren, auf die zudem nur ein Anteil von 16,8% an der Fördergesamtsumme entfallen ist. Madeleine Bernstorff merkte dazu an, dass man dabei aber auch die kleineren filmischen Formen nicht aus den Augen verlieren dürfe, da man dort Einiges bewegen könne: „Mit weniger Geld und weniger Aufwand kann man im Kurz- und Experimentalfilmbereich schneller und unkomplizierter produzieren, wodurch man näher an der politischen Gegenwart dran ist.“ Um das zu unterstreichen wurden im Laufe des Tages noch drei Kurzfilmprogramme projiziert, die Bernstorff gemeinsam mit Studierenden der Freien Universität Berlin und der KHM kuratiert hatte – auch das wieder ein Beispiel einer erfolgreichen Zusammenarbeit.
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