Er war Musiker durch und durch und ein Charmeur alter Schule. Aber er konnte, wenn es um die Sache ging, unerbittlich sein: Stefan Soltesz, langjähriger Opernintendant und Generalmusikdirektor in Essen, ist am 22. Juli überraschend verstorben. Der Abschied aus der irdischen Welt ereilte ihn, wie zwei seiner berühmten Vorgänger – vor 111 Jahren Felix Mottl und vor 54 Jahren Joseph Keilberth – am Pult der Bayerischen Staatsoper in München.
Kurz vor Ende des ersten Aktes von „Die schweigsame Frau“ von Richard Strauss, brach Soltesz zusammen. Ein Augenzeuge berichtet, zunächst sei der Eindruck entstanden, der plötzliche Tumult gehöre zur Inszenierung der komischen Oper. Doch dann erklangen Rufe nach einem Arzt, der Vorhang fiel und der Abenddienst bat das Publikum, vorzeitig in die Pause zu gehen. Nach einer Dreiviertelstunde wurden die Zuschauer in den Saal gerufen und erfuhren, dass die Vorstellung beendet werden muss. Noch am späten Abend verbreitete sich die Nachricht, Soltesz sei im Krankenhaus gestorben. Staatsopernintendant Serge Dorny twitterte: „Wir verlieren einen begnadeten Dirigenten. Ich verliere einen guten Freund.“
Soltesz prägte das Essener Musikleben als Generalmusikdirektor der Philharmoniker und Intendant des Aalto-Musiktheaters ab 1997. Seinen nicht ungetrübten Abschied aus der Stadt nahm er 2013 mit „Die Frau ohne Schatten“ von Richard Strauss, für dessen Werke er als Spezialist galt. 2023/24 war seine Rückkehr ans Aalto-Theater als Gast für „Tristan und Isolde“ geplant, teilte die neue Intendantin Merle Fahrholz mit. „Die Musikwelt verliert einen großartigen Künstler. Die Verdienste von Soltesz für das Aalto-Theater und die Essener Philharmoniker sind nicht hoch genug einzuschätzen. Das hohe Niveau, mit dem das Orchester regelmäßig unser Publikum begeistert, geht nicht zuletzt auf das langjährige Wirken meines Vorvorgängers zurück“, schreibt sie in ihrem Nachruf.
In Essen trat Soltesz 1997 mit „Arabella“ von Richard Strauss an, dessen Opern den Spielplan in den kommenden Jahren prägten, und nahm sich der Hauptwerke von Wagner, Verdi und Puccini an. Höhepunkte seines Wirkens waren u.a. „I Puritani“ von Vincenzo Bellini und „Lear“ von Aribert Reimann. Unter seiner Ägide wurden die Essener Philharmoniker 2003 und 2008 zum „Orchester des Jahres“ gekürt.
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