Einem ganz großen und altehrwürdigem Themengebiet widmen sich die 46. Duisburger Akzente dieses Jahr: „Sein und Schein“. Drei Wochen lang beleuchten über 90 Veranstaltungen aus Theater, Tanz, Performance, Film, Konzerten und Literatur eine Fragestellung, die mindestens zu den alten Griechen zurückgeht. Im Zeitalter von Fake News, des Postfaktischen und der Echokammern ist die Frage nach „Sein und Schein“ längst mit realweltlichen Konsequenzen ziemlich brachial aus dem akademischen Elfenbeinturm ausgebrochen.
Das Hamburger Thalia Theater gastiert mit „König Lear“ (15., 16.3.) am Theater Duisburg. Shakespeares Stück über einen alternden Herrscher, der die Macht nicht loslassen kann, ist hochaktuell. „Überhaupt überkommt es ihn angesichts seiner schwindenden Autorität, noch einmal alles um sich herum anzuzünden und auf offensichtliche Heuchler zu setzen, bis ihm nichts mehr bleibt.“ So steht es im Ankündigungstext – Assoziationen zu gegenwärtigen politischen Herrschern vermutlich einkalkuliert.
Ob Erlebnisse im Rausch Sein oder Schein sind, dem lässt sich beim Tanzmarathon im Ufo (29.3.) nachspüren. Ein Revival der 1920er Jahre ist es, so lange zu tanzen, bis man nicht mehr kann – euphorisch-rauschhafte Momente zwar nicht garantiert, aber im Bereich des Möglichen. Wer am längsten durchhält, bekommt einen „besonderen Preis“.
In der Literatur könnte man sich fragen, ob nicht die Übersetzung eines Werkes immer nur der Schein des Seins ist. Vielleicht gibt Klaus Jöken, der Übersetzer der Asterix-Comics, darauf im Internationalen Zentrum eine Antwort (28.3.). Jöken ist der Nachfolger von Gudrun Penndorf, die mit ihren Übersetzungen die Verbreitung von Asterix und Obelix im deutschsprachigen Raum erst möglich gemacht hat. Die hatten anfangs nämlich noch Startschwierigkeiten außerhalb Galliens.
Mehrere cineastische Schmankerl zeigt das Filmforum. Ob Hanekes „Caché“ (17.3.) von 2004, den französischen Film „Nur die Sonne war Zeuge“ (27.3.) von 1960, u.a. mit Alain Delon, oder gar den japanischen Klassiker „Rashōmon“ (25.3.) von 1950 – schöne Filme, die sich auf der Leinwand anders entfalten als per Streaming zuhause. Zudem ist Kino seit jeher ein Medium, in dem Sein und Schein aufeinandertreffen.
46. Duisburger Akzente | 15.3. - 6.4. | div. Orte in Duisburg | duisburger-akzente.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Über die Familie
45. Duisburger Akzente – Festival 03/24
„Man muss sich über alte Zöpfe Gedanken machen“
Clemens Richert zur 44. Auflage der Duisburger Akzente – Festival 03/23
Betonung auf Wunder
44. Duisburger Akzente – Prolog 02/23
Weg vom patriarchalen Muff
Véronique Olmi über „Die Ungeduldigen“ – Festival 03/22
Alte und neue Grenzen
43. Duisburger Akzente – Festival 03/22
Dopamin für alle
Die 41. Duisburger Akzente – Bühne 03/20
Weihnachten im Panzer
Lesung „Aurora“ von Sascha Reh am 1.4. bei den Duisburger Akzenten – Literatur 04/19
Zukunft hinterm Realismus
„Utopien“ begleiten die 40. Duisburger Akzente – Prolog 03/19
Kriegskuchen im Atombunker
Die 39. Duisburger Akzente – Bühne 03/18
Schlachten werden nie gewonnen
Die 39. Duisburger Akzente unter dem Motto „Nie wieder Krieg?“ – Prolog 03/18
Literarische Lebensbilanz am Hafen
Poetische Werkstatt Ruhrort setzt mit Lenz-Lesung Akzente – Literatur 03/16
Kabarett, Cochem-Style
„Zu viele Emotionen“ von Anna Piechotta in Bottrop – Bühne 03/25
Gewinnen um jeden Preis?
„Alle spielen“ im Studio des Dortmunder Theaters – Prolog 03/25
„Ich liebe die Deutungsoffenheit“
Regisseur Roland Schwab über „Parsifal“ am Essener Aalto-Theater – Interview 03/25
„Die Kraft des Buchs besteht in der Aufarbeitung“
Bettina Engelhardt inszeniert Bettina Flitners Roman „Meine Schwester“ am Essener Grillo-Theater – Premiere 03/25
Was wirklich in den Sternen steht
„Liv Strömquists Astrologie“ am Düsseldorfer Schauspielhaus – Prolog 02/25
Tanzende Seelen
„Dips“ am Opernhaus Dortmund – Tanz an der Ruhr 02/25
„Eine Frau, die förmlich im Leid implodiert“
Regisseurin Elisabeth Stöppler über „Lady Macbeth von Mzensk“ in Düsseldorf – Interview 02/25
Nichts für Konfirmand:innen?
„Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ in Bochum – Prolog 02/25
„Die perfekte Festung ist das perfekte Gefängnis“
Ulrich Greb inszeniert Franz Kafkas „Der Bau“ am Schlosstheater Moers – Premiere 02/25
Wenn Hören zur Qual wird
„The Listeners“ in Essen – Prolog 01/25
Zwischen Realität und Irrsinn
„Kein Plan (Kafkas Handy)“ am Mülheimer Theater an der Ruhr – Prolog 01/25
Wenn KI choreografiert
„Human in the loop“ am Düsseldorfer Tanzhaus NRW – Tanz an der Ruhr 01/25
Licht in der Finsternis
„Brems:::Kraft“ in Köln und Mülheim a.d. Ruhr – Theater Ruhr 01/25
Wenn die Worte fehlen
„Null Zucker“ am Theater Dortmund – Prolog 01/25