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Keith Haring, Ignorance = Fear, New York, 1989, Offsetlithografie
Foto: Keith Haring Foundation

New Wave für die Kunst

26. Januar 2012

Keith Harings Plakate in der Ludwig Galerie im Schloss Oberhausen – Kunstwandel 02/12

Ein strahlendes Neonbaby auf atomarer Wolke sieben, drei Engel umschwirren es. Helfen werden sie nicht mehr können. Der untere Teil des Plakats zeigt eine zentrale Figur, die zwei Handpuppen gegeneinander boxen lässt. Zu ihnen eilen auf beiden Seiten Helfer mit Brennstäben eine Treppe hinauf. Das schwarzweiße „Poster for Nuclear Disarmament“ (N.Y., 1982) war Keith Harings (1958-1990) erster Plakatentwurf überhaupt. Und es wandte sich gegen die Atomwaffenpolitik eines Ronald Reagan – der ehemalige Schauspieler war damals gerade Präsident der USA geworden.

Die Ludwiggalerie im Schloss Oberhausen zeigt mit „SHORT MESSAGES Poster und Plakate 1982–1990“ genau diese Facette im Schaffen von Haring. In dieser Zeit hat er 85 eigenhändige Entwürfe zu Postern und Plakaten geschaffen, für Jazzfestivals und gegen Drogen, nach seiner Aidserkrankung war es vor allem dieses Thema, das ihn beschäftigte. Seine eigenen Ausstellungen ließ er mit Originalentwürfen bewerben. Schon 1984 fasste er die wichtigsten Short Messages zu einer Art Wimmelbild unter dem Titel „If you want to see more …“ zusammen.

Aber Keith Haring ist nicht vom Himmel gefallen. Andy Warhols Factory hat auch bei ihm seine Spuren hinterlassen, und deshalb verließ Haring Pennsylvania und lebte seit 1978 in New York, studierte dort an der School of Visual Arts, lernte dort Kenny Scharf und Jean-Michel Basquiat (1960-1988) kennen. Anfangs experimentierte er viel mit Video, Performances und Painted Environments. Dann entdeckte er das bereits seit Ende der 1960er in New York grassierende Graffiti für sich. Öffentliche Aufmerksamkeit erlangte er mit seinen Kreidezeichnungen auf Werbetafeln in der New Yorker U-Bahn. Hier wurde auch das Radiant Baby (Baby mit dem Strahlenkranz) zu seinem Symbol. Die einfache Semiotik seiner en passant gekritzelten Zeichnungen stand im krassen Gegensatz zur den damals exzessiv geführten akademischen Diskursen über Kunst und Konzept, multiple Texte oder aufkeimende Performativität. Harings anti-elitäre Haltung mündete in dem Statement: Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Kunst. Wie Andy Warhol wollte er deshalb die Kunst in alle Bereiche des Lebens integrieren, was dazu führte, dass er auch keine Berührungsängste bei Werbekampagnen für Swatch, Lucky Strike oder die schwedische Marke Absolut Vodka kannte. Einige dieser Plakatentwürfe sind auch in Oberhausen zu sehen. Aber dankenswerterweise auch ziemlich unbekannte Plakate, die Haring zum Teil mit Künstlerkollegen gestaltete: So beispielsweise „Rain Dance – a benefit for the African emergency relief fund“ (1985) ist ein Unicef-Plakat, gemeinsam mit Basquiat, Roy Lichtenstein, Yoko Ono und Andy Warhol. Oder auch die sexuell aufgeladene Ankündigung per Handzeichnung ohne typische Short Messages für „The Legend of Lily Overstreet“. Das Poster warb für die Performance von Rhodessa Jones und Idris Ackamoor in der Limbo Lounge im East Village 1986. Sein letztes Plakat machte Haring 1990 für den französischen Modedesigner de Castelbajac.

„Keith Haring“ I bis 6. Mai I Ludwiggalerie Schloss Oberhausen I 0208 412 49 28

PETER ORTMANN

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