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Öffnung des Brandenburger Tors, Berlin, 22.12.1989
Foto: Barbara Klemm

Steinewerfer auf der Leiter

13. März 2023

Barbara Klemm in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Kunstwandel 03/23

Erinnerungen verändern sich im Laufe der Zeit, das Gute scheint in den Zellen länger zu haften, als das Schmerzhafte, unser Gedächtnis wird korrumpiert. Insofern ist die Fotografie etwas unbestechlicher, wenn sie unbehandelt bleibt und sich – zumindest in der Bild-Reportage – zur rechten Zeit am rechten Ort befindet. Barbara Klemm hat in ihrer Zeit als Fotografin bei der Frankfurter Allgemeine Zeitung so ein visuelles Gedächtnis für insbesondere deutsche Ereignisse geschaffen und diese sollte sich jeder in der Oberhausener Ludwig Galerie im Schloss einmal ansehen. Viele können dort ihre Erinnerungen auffrischen oder unretuschierte, eingefrorene Zeit aus der Vergangenheit erleben.

„Schwarz-Weiß ist Farbe genug“: Das Klemm-Zitat überschreibt die Ausstellung, die mit 150 Bildern auch die seriellen Fotoserien in dezenten Holzrahmen zeigt, die jenseits der Zeitgeschichte entstanden sind. Keine Ikonen der Zeitgeschichte des 20. und den ersten fünf Jahren des 21. Jahrhunderts, sondern visuelle Highlights der Welt um uns herum, die sie bis heute mit ihrer Leica findet. Angefangen zu dokumentieren hat Klemm nach eigener Aussage in der Studentenbewegung der 1960er Jahre, danach war sie Teil fast aller zentraler Ereignisse der deutsch-deutschen Geschichte. Viele ihrer Bilder, wie die Knutscherei zwischen Leonid Breschnew und Erich Honecker (1973), die winkende Politriege am Tag der Wiedervereinigung (1990), ja selbst der schüchterne Andy Warhol vor Goethe in Campagna von Wilhelm Tischbein im Frankfurter Städel Museum (1981), sind ins kollektive Gedächtnis nicht nur der Zeitungsleser gewandert.

Inszenieren konnte die Pressefotografin bei ihren Aufträgen natürlich nicht, sie hatte früh das magische Händchen für die besondere Situation und den außergewöhnlichen Standort (Joschka Fischer, 1969), Dass sie sich dabei oft jenseits des Fotografenpulks aufhielt – ein Schelm der Böses dabei denkt. Dieses wohl angeborene Talent der Bildauswahl, beide Elternteile waren schließlich künstlerisch bewandert, zeigt sich auch in ihren Porträts, den Landschafts-Serien über Hölderlin oder in den Fotografien, die sie in der ehemaligen DDR geschossen hat. Alle Zeit hat eben auch eine Vergangenheit.

Barbara Klemm: Schwarz-Weiß ist Farbe genug | bis 7.5. | Schloss Oberhausen Ludwiggalerie | 0208 41 24 928

Peter Ortmann

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