Essen, 24.10. - Glaubt man dem Sonnenpriester Naupany Puma, sind wir mitten im Umbruch zu einem neuen Zeitalter, das in Überlieferungen der Inka seit Hunderten von Jahren prophezeit wurde. Pachakútec: das signalisiere das Ende eines 26.000 Jahre dauernden Zyklus, nun werde sich die gesamte Welt umfassend verändern. Für Naupany ist der Moment gekommen, sich von Peru aus auf eine Pilgerreise um die Welt zu machen, begleitet von der Regisseurin Anya Schmidt. Die Dokumentation, die die beiden persönlich im Eulenspiegel präsentierten, wirkt formal wie eine Mischung aus TerraX-Reportage, Predigt und Meditations-CD. Die Regie überlässt dem Protagonisten in Form einer alles erklärenden Sprecherstimme den Film. Um atmosphärische O-Töne ist es nicht gut bestellt, es dominiert ein musikalischer Klangteppich, der alles rund um die Erzählerstimme ausfüllt. Diese erläutert dem Zuschauer die Kraftorte der spirituellen Reise, seine Zeremonien und Gefühle an den jeweiligen Orten.
Man sieht seine Rituale vor Monumenten des Weltkulturerbes, die man in dieser Darstellung eher aus touristischen Kontexten kennt. Sein Anliegen, ausgehend von der Wintersonnenwende im Jahr 2007, die als Zeitpunkt des Umbruchs ausgemacht wird, ist es für eine Welt zu beten, die nicht mehr im Einklang mit der Natur steht. Das beinhaltet eine Kritik an den kolonialistischen Chronisten und der katholischen Kirche mit ihren Unterdrückungsstrategien gegenüber den alten Naturreligionen, und ebenso eine Skepsis gegenüber der modernen Welt, die die Natur zerstört. Naturkatastrophen etwa sind für ihn das Resultat eines falschen Lebensstils.
„Wir können das Herz der Erde nur heilen, wenn wir Menschen beginnen unser eigenes Herz zu heilen.“ Dramaturgisch gipfelt die spirituelle Reise in einer Vergebungszeremonie in den Anden, sodass die Ahnen Frieden finden, und tatsächlich geschieht ein Wunder: Trotz Trockenzeit beginnt es zu regnen, und ein Regenbogen zeigt sich als Zeichen, dass die Gebete erhört wurden.
Kaum waren die letzten Töne des Films im gut gefüllten Eulenspiegel verhallt, vernahm man im Dunkeln Trommel- und Flötenklänge, die sich der Bühne näherten. Der Protagonist vollzog im Duett mit der Regisseurin ein Gebet, was von den Zuschauern mit großer Freude aufgenommen wurde. Und auch im anschließenden Gespräch, das Züge einer Predigt trug, ernteten die beiden viel Sympathie aus dem Saal. Anya Schmidt inszenierte sich selbst dabei eher als spirituelle Mitstreiterin denn als Filmemacherin. Bei einer Heilzeremonie in Bayern habe sie den jungen, charismatischen Naupany kennengelernt, der sie mit den Worten begrüßt habe: „Schön, dass du gekommen bist. Ich habe dich schon erwartet.“ Ihren Wunsch, ihn auf einer geplanten Pilgerreise mit der Kamera zu begleiten, habe er zunächst abgelehnt, um dann nach einer kurzen Bedenkzeit doch zuzustimmen. „Mutter Erde hat gesprochen. Wir können es machen.“
Nur vier Wochen seien für die Vorbereitungen geblieben, bevor es auf die Weltreise ging. Ihr Anliegen sei es gewesen, einen Film anzubieten, der zum Fühlen einlädt. Naupany ergänzte, dass dieses Filmprojekt für ihn nach 500 Jahren der Unterdrückung gegenüber seinem Volk die Möglichkeit gebe, seine Gefühle auszudrücken. Sein Wissen erfahre er durch Visionen in der Meditation, die ihn leiten. In besonders heiligen Momenten wurde nicht gefilmt, so Schmidt. „Das Leben hat uns gezeigt, was nicht für die Öffentlichkeit gedacht war.“ Sie betont, wie viel sie von dem sympathischen Sonnenpriester gelernt habe, der immer im Jetzt lebe, wo sich das größtmögliche Potential entfalte. Damit schienen die beiden nah am Publikum zu sein, das sich nach dem Bühnengespräch noch lange an sie wandte.
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