Essen, 21. August – „Cine Science“ nennt das Kulturwissenschaftliche Institut Essen die Filmabende im Filmstudio Glückauf, in denen emsig über ausgewählte Fachthemen diskutiert wird. Diesmal ging es darum, ob und wie das komplexe Feld rund um den Klimawandel filmisch dargestellt werden kann. Die drei ReferentInnen Gunnar Fitzner, Dietmar Rost und Mira van Leewen zeigten Filmausschnitte, um zu klären, wie wissenschaftliche Fragestellungen an die Öffentlichkeit gelangen und analysierten den Schnittpunkt, wo das Fachwissen den Durchschnittsbürger erreicht.
Die regelmäßig stattfindende Diskussion im Kino erfreute sich auch diesmal reger Teilnahme aus dem zumeist studentischen Publikum.
Den Vortragenden ging es darum, den Blick der Zuhörer für bestimmte Phänomene im Film zu schärfen, und mit Hintergrund-Informationen laden sie ein zur analytischen Debatte. Die Filmauswahl reichte vom experimentellen Dokumentarfilm „13 Lakes“ des Großmeisters James Benning (dessen technische Vorführqualität den Perfektionisten Benning sicher nicht erfreut hätte) über Joris Ivens historischen Stummfilmklassiker „Regen“ aus dem Jahr 1929 bis zu dem ausführlich diskutierten Dokumentarfilm „An Unconvenient Truth“: Im Prinzip ist letzterer die Dokumentation eines emotional aufgeladenen Vortrags von Al Gore. Der ehemalige amerikanische Präsidentschafts-Kandidat erläutert rhetorisch sehr versiert und mit einer überzeugenden Präsentation das katastrophale Ausmaß der globalen Erderwärmung. Die in die Runde geworfenen Fragen sorgten in der Diskussion für eine Uni-Seminar-Atmosphäre, in der jede/r unkompliziert zu Wort kam, um seine Eindrücke zu schildern. Dabei interessierte hauptsächlich die Fragestellung, ob die im Film lancierte Emotionalisierung durch filmische Mittel in Kombination mit dem Anliegen, die Risiken des Klimawandels unter das Wahlvolk zu bringen, eher förderlich oder zu kritisieren sei. Inszeniert wie ein Konzertfilm, mit Al Gore als Popstar, werden wissenschaftliche Fakten emotional aufgeheizt. Den Soziologen Dietmar Rost interessierte deswegen, ob diese überreizte Form der Öffentlichkeitsarbeit der Wichtigkeit des Themas angemessen sei. Dabei spielt auch eine notwendige Vereinfachung des wissenschaftlichen Fachwissens für die breite Masse eine Rolle. Der Filmkritiker Georg Seeßlen hatte seinerzeit den Film „An Unconvenient Truth“ als Sendung mit der Maus verspottet. Auch wurde er von anderer Stelle als politische Kampagne für die US-amerikanischen Wahlen gewertet. Wer Lust hat Filme unter einer bestimmten wissenschaftlichen Fragestellung zu diskutieren, ist bei Cine Science richtig. Hier geht es nicht nur darum, einem Vortrag zu folgen, sondern eine offene Diskussion zu führen, für die diverse Anregungen geboten werden.
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