Das letzte Getriebe war im Opelwerk 2 in Bochum-Langendreer gerade vom Band gelaufen, da eröffnete das Theater ein Projekt mit dem beschwörenden Titel „This ist not Detroit“. Sicher, Bochum ist nicht gleichzusetzen mit der früheren Autometropole, dem Sinnbild für den Niedergang einer Stadt und zugleich Sitz der Opel-Mutter GM. Doch die Schließung der drei Opel-Werke bis 2016 dürfte die Kommune an der Ruhr erneut einem Strukturwandel unterwerfen. Diesen Strukturwandel wollen das Bochumer Schauspielhaus und die Organisation Urbane Künste Ruhr mit ihrem einjährigen Projekt begleiten.
Herzstück des dreitägigen Auftakts war das Symposium „Motorcities im Aufbruch!“, zu dem Stadtplaner, Aktivisten und Künstler aus den Opel-Städten Zaragoza, Liverpool und Gliwice eingeladen waren – ein Novum insofern, als GM in den letzten Jahren erfolgreich die europäischen sowie die innerdeutschen Produktionsstandorte gegeneinander ausgespielt hatte. Das Nebeneinander offenbarte gravierende Unterschiede. So präsentierte José Carlos Arnal vom Zentrum für Kunst und Technologie in Zaragoza die schlichte Zahl von 23% Arbeitslosigkeit und stellte die Frage nach der Zukunft europäischer Industriestädte. Auch die Andeutungen des Kurators Paul Domela über Verarmung in Liverpool ließen erst einmal den Schluss zu: So hart werden die Bochumer Opelaner nicht fallen. Nichtsdestotrotz: Die fortschreitende Deindustrialisierung wird Bochum ins Herz treffen. Erst Nokia, dann Opel und nächstes Jahr das Outokumpo-Stahlwerk.
Das Spektrum an Positionen, das das Symposium aufbot, war breit gefächert. So berichteten die Kuratorin Marta Keil und der Autor Igor Stokfiszewski von der linken Organisationsplattform „krytykapolityczna“ von Krise und Kapitalismus in Polen. Am anderen Ende bewegte sich die Architektin Patrizia di Monte aus Zaragoza mit ihrem konkreten Interventionsprojekt „estonoesunsolar“, das die Umnutzung aufgelassener Plätze in der Stadt vorantreibt.
Die meisten Initiativen und Projekte, die vorgestellt wurden, hatten eher einen kleinen Bezugsrahmen wie Stadtviertel, Straßen oder Plätze und setzten auf Partizipation. Es war der Industriesoziologe Manfred Wannöffel von der Ruhruniversität, der dann Thesen zum zweiten Bochumer Strukturwandel vorlegte. Die Stadt sei trainiert in Sachen ökonomischer Transformation. Als Kern der neuen Entwicklung sieht er die Bildungsinstitutionen von der Universität bis zu Wissenschaftseinrichtungen. Sie sollen für betriebliche Ausgründungen im Bereich Gesundheitstechnik und Geothermie sorgen und zugleich Bochum zum Standort für Aus- und Weiterbildung machen. Bis es zu „stabilen industriellen Arbeitsplätzen“ komme, sei es allerdings ein weiter Weg, sagte Wannöffel. Optimismus ja, aber ein gedämpfter. Die Kunst kam an diesem Tag eher in ihren angewandten Spielarten vor. Bis zum nächsten Sommer allerdings will das Schauspielhaus mehrere Vorhaben unter anderem mit dem Theaterregisseur Tim Etchells von der Gruppe Forced Entertainment, dem Komponisten Ari Benjamin Meyers und dem spanischen Architektenkollektiv basurama realisieren.
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