Ohne Frage gibt es gewiss ganz unterschiedliche Gründe, sich für einen veganen Lebensentwurf zu entscheiden – zwar weiß ich zum ideologischen Überbau diesbezüglich nicht sonderlich viel, aber ich vermute mal, dass dabei nicht selten das Wohl der Tiere von Bedeutung ist. Man könnte also sagen, dass in einem solchen Fall die gute alte Tierliebe der Grund ist, weder das Tier selbst, noch seine Produkte zu essen oder aufzutragen. Zweifelsfrei hat eine solche Haltung mit Respekt zu tun, Respekt vor anderen Lebewesen und Geschöpfen, gepaart mit einer verständlichen Ablehnung der grausigen Symptome einer industriellen Massentierhaltung und so weiter.
Oft heißt es in diesem Zusammenhang übrigens auch aus kulinarischer Perspektive recht trotzig: „Also mir schmeckt Fleisch auch einfach nicht!“ Das soll dann bedeuten, dass die Person den Verzicht nicht als Mangel verstanden wissen will – was nicht schmeckt, muss nicht bedauert werden.
Von einem völlig neuen Beweggrund, konsequent vegan zu leben, erzählte mir dann aber neulich eine gute Freundin aus Berlin, die, wie ich weiß, seit vielen Jahren auf sämtliche Tierprodukte verzichtet und entsprechend schlank und jugendlich geblieben ist – das muss man sagen. Da ich auch bei ihr immer davon ausgegangen war, dass hinter ihrer Entscheidung eine irgendwie ethische Position stecken würde, war ich überrascht und amüsiert, als sich eher beiläufig herausstellte, dass sie Tiere vor allem hasst und verabscheut. Ich musste sehr laut lachen und lache auch jetzt – jemand findet Tiere also dermaßen fürchterlich, dass er sie weder essen noch nutzen will. Nun, den Tieren wird es recht sein.
Ich selbst war zwar nie Veganer, ernährte mich aber zwischen dem 19. und 24. Lebensjahr konsequent vegetarisch. Immerhin, es waren – und so muss das ja wenigstens einmal im Leben sein – ideelle Gründe. Der Zeitpunkt, bzw. der Grund, meinen vegetarischen Lebensstil aber ein für alle Mal aufzugeben, hätte nicht weniger nachvollziehbar und unlogischer sein können, als er es de facto war. Und die Geschichte geht so:
2004 fand in Portugal die Fußballeuropameisterschaft der Herren statt – Deutschland spielte dabei das desaströseste Turnier seiner Geschichte, was aber keine Entschuldigung dafür sein soll, dass am Ende der maximale Außenseiter Griechenland zur Sensation aller den Pokal gewinnen sollte. Mein guter Freund Felix und ich – zu dieser Zeit ebenfalls überzeugter Vegetarier – verfolgten also den Siegeszug der damals von Otto Rehhagel trainierten Griechen.
Erst überstanden diese die Gruppenphase gegen Spanien, Russland und Portugal, dann gewannen sie sogar das anschließende Viertelfinale gegen Titelverteidiger Frankreich. Ungläubig schworen wir uns: Sollte Griechenland (was zu diesem Zeitpunkt noch immer absolut unmöglich schien) tatsächlich Europameister werden, würden wir sofort zum Akropolis Grill fahren und jeweils einen doppelten Gyros-Teller essen.
Griechenland gewann dann im Halbfinale gegen Tschechien und im Finale gegen Portugal jeweils mit 1:0 und seither waren wir beide keine Vegetarier mehr. Etwas Gutes hatte das Fußball-Desaster 2004 nachbetrachtet also doch.
Lesen Sie weitere Artikel zum Thema auch unter: choices.de/thema und engels-kultur.de/thema
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Seed Bombs, Yoga-Sessel und Knoblauch-Eis
Veggienale & fairgoods 2017 am 6./7.5. auf Zeche Zollverein – Spezial 05/17
Moralische Gedankenschranke
Veganismus ist mehr als nur ein Trend – THEMA 07/15 VEGANES LEBEN
„Das Schwein ist uns egal“
Die Tierethikerin Hilal Sezgin über Veganismus und Tierrechte – Thema 07/15 Veganes Leben
Ran an die Regeln
Intro – Verspielt
Werben fürs Sterben
Teil 1: Leitartikel – Zum Deal zwischen Borussia Dortmund und Rheinmetall
„Genießen der Ungewissheit“
Teil 1: Interview – Sportpädagoge Christian Gaum über das emotionale Erleben von Sportevents
Immer in Bewegung
Teil 1: Lokale Initiativen – Sportangebote für Jugendliche im Open Space in Bochum
Es sind bloß Spiele
Teil 2: Leitartikel – Videospiele können überwältigen. Wir sind ihnen aber nicht ausgeliefert.
„Viele Spiele haben noch einen sehr infantilen Touch“
Teil 2: Interview – Medienpädagoge Martin Geisler über Wandel in der Videospiel-Kultur
Jenseits der Frauenrolle
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Spieldesignerin und Label-Gründerin Mel Taylor aus Köln
Das Spiel mit der Metapher
Teil 3: Leitartikel – Was uns Brettspiele übers Leben verraten
„Ich muss keine Konsequenzen fürchten“
Teil 3: Interview – Spieleautor und Kulturpädagoge Marco Teubner über den Wert des Spielens
Zusammen und gegeneinander
Teil 3: Lokale Initiativen – Spieletreffs in Wuppertal
Spielglück ohne Glücksspiel
Gegen teure Belohnungen in Videospielen – Europa-Vorbild: Belgien
Spielend ins Verderben
Wie Personalmanagement das Leben neu definierte – Glosse
Wie gewohnt
Intro – Europa
Europäische Verheißung
Teil 1: Leitartikel – Auf der Suche nach Europa in Georgien
„Mosaik der Perspektiven“
Teil 1: Interview – Miriam Bruns, Leiterin des Goethe-Instituts Budapest, über europäische Kultur
Europa verstehen
Teil 1: Lokale Initiativen – Initiative Ruhrpott für Europa spricht mit Jugendlichen über Politik
Demokratischer Bettvorleger
Teil 2: Leitartikel – Warum das EU-Parlament kaum etwas zu sagen hat
„Die Bürger vor globalen Bedrohungen schützen“
Teil 2: Interview – Politikwissenschaftler Oliver Treib über Aufgaben und Zukunft der Europäischen Union
Zu Gast in Europas Hauptstadt
Teil 2: Lokale Initiativen – Die europäische Idee in Studium und Forschung an der Kölner Universität
Paradigmenwechsel oder Papiertiger?
Teil 3: Leitartikel – Das EU-Lieferkettengesetz macht vieles gut. Zweifel bleiben.
„Der Verkauf des Kaffees nach Europa ist gestoppt“
Teil 3: Interview – Sebastian Brandis, Sprecher der Stiftung Menschen für Menschen, über das EU-Lieferkettengesetz
Verbunden über Grenzen
Teil 3: Lokale Initiativen – Wuppertal und seine europäischen Partnerstädte