Eine große Sensation und eine kleine Sensation. In zwei Ausstellungen in NRW werden zwei Amerikaner vorgestellt, die ganz wesentlich zur Kunst im 20. Jahrhundert beigetragen haben, aber selten in Deutschland zu sehen sind. Beide gelten als internationale Koryphäen zur abstrakten Kunst – aber keine Bange: Den Eisen-Bildhauer David Smith kann man im Duisburger Lehmbruck- Museum genauso gut als gegenständlichen Künstler verstehen, und die druckgraphischen Blätter des Farbfeld-Malers Brice Marden sind in ihrer Verdichtung und Variation so intensiv, dass man nur darauf achten muss, genug Zeit für die Ausstellung in Kleve mitgebracht zu haben.
Marden (geb. 1938) gehört zu den großen amerikanischen Malern der Gegenwart. Dabei zeigt er nichts als Farbe, erst auf Feldern nebeneinander, dann seit Mitte der 1980er Jahren mit Verschlingungen, die über die einfarbige, oft lebhafte Bildfläche gelegt sind. Das alles wirkt selbstverständlich – dann geht es plötzlich los: Die Schlingen wechseln zwischen Kleinteiligkeit und Großzügigkeit, das Verhältnis von Fläche und Raum wird untersucht, das Licht in den Farbtönen spielt eine Rolle. Solche Bilder, von denen etwas auch im Museum Kurhaus Kleve zu sehen sein wird, sind meditativ und anregend, beziehen sich ihrerseits auf Reisen und Orte. Nur vermeintlich anders sind die (überwiegend s/w-) Druckgraphiken, die, sämtlich im kleinen Format, in beeindruckender Genauigkeit und Leichtigkeit Bildaufteilungen durch Stricheleien bezeichnen. Und man spürt, was den Reiz der Radierung überhaupt ausmacht.
David Smith (1906-1965), der neben seiner Bildhauerei auch als Maler tätig war, ist fast so etwas wie ein Vorläufer von Marden. Und für die Entwicklung der Bildhauerei war revolutionär, was David Smith alles einfiel. Wie er mit wenigen figürlichen Andeutungen aus Eisen ein Schattentheater erschaffen hat. Wie er später Stahlflächen und -zylinder aufeinandergetürmt, in der Balance gehalten und farbig gestrichen hat. Wie plötzlich – in den 1950er Jahren – Plastik etwas ganz anderes war als zuvor. Natürlich hat Smith seine „Ahnen“, zu denen der Kubismus und der Surrealismus gehören, aber auch eine expressive gestische Malerei. Sagen wir es so: David Smith ist der Jackson Pollock der Bildhauerei, und Brice Marden ist noch von Jackson Pollock beeinflusst. Aber jeder ist unvergleichlich – und weitaus origineller als unsere berühmten einheimischen Künstler, die hierzulande von einem Museum zum nächsten getourt werden.
Brice Marden Retrospektive der Druckgraphik I 1. Februar bis 26. April im Museum Kurhaus I Tiergartenstr. 41 in Kleve I Tel. 02821 750 10 I www.museumkurhaus.de
David Smith – Working Surface, 1. Februar bis 3. Mai in der Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum I Friedrich-Wilhelm-Str. 40 in Duisburg I Tel. 0203 283 32 94 I www.lehmbruckmuseum.de
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