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Lynn Hershman Leeson, CyberRoberta, 1995-98, Sammlung Falckenberg
Foto: Henning Rogge, © L. Hershman Leeson

Andere Identitäten

28. April 2016

Lynn Hershman Leeson in Duisburg – Ruhrkunst 05/16

So viele Arbeiten. Stationen mit Monitoren, die man selbst bedienen kann. Kabinen mit Installationen. Vitrinen mit Dokumenten und vermeintlichen Dokumenten. Dazu Fotoarbeiten und eine Wand mit einem Guckloch, hinter dem ein Raum eingerichtet ist. Dann die Objekte, die Filme und Videos ohnehin. Das Thema von Lynn Hershman Leeson ist die Identität des Menschen: das Beharren auf dieser und ihrer Privatheit einerseits, andererseits das Zulassen, ja, Initiieren ihrer Öffentlichkeit und ihre Veränderung, ihre Liquidität also, wie sie über das Internet funktioniert. Kaum eine Arbeit der Duisburger Werkschau weicht von diesen Fragestellungen ab, denen die 1941 geborene, in San Francisco lebende Medienkünstlerin seit einem halben Jahrhundert nachgeht. Sie gehört zu den frühen Pionieren der Kunst mit den digitalen Medien. Bis heute arbeitet sie auf dem jeweils aktuellen technischen Stand. Zugleich hinterfragt sie die Medien selbst und deren Einfluss auf unser Leben. Von der Visionärin ist Lynn Hershman Leeson, die mit den wichtigen Preisen ihres Metiers ausgezeichnet wurde, zur Realistin geworden.

In Zeiten von Second Life, von Facebook, Twitter und Selfie, von der Vermarktung des Starkultes und den verschiedenen Kategorien der Überwachung stellt sich die Frage nach der „wahren“ Persönlichkeit und den möglichen Maskeraden. In den 1970er Jahren hat Hershman Leeson die Kunstfigur Roberta Breitmore (mit eigenem Bankkonto und Verabredungen) erfunden, gespielt von ihr selbst und von Schauspielerinnen, die zeitgleich agierten. Die Dokumentation dieser Guerilla-Aktion ist in Duisburg ebenso zu sehen wie ihr späterer Film „Teknolust“ (2002), bei dem die Wissenschaftlerin Rosetta Stone aus ihrer DNA drei Klone erschafft, die unterschiedliche Persönlichkeiten entwickeln. Die Fragen von Künstlicher Intelligenz und artifiziellem Leben im Internet hat Hershman Leeson weiterverfolgt und ist zugleich den Risiken der Biotechnologie und der Genforschung nachgegangen. Ausgangspunkt dieser superwichtigen Ausstellung aber ist das Bild von sich: Was ist das Ich?

„Liquid Identities – Lynn Hershman Leeson“ | bis 5.6. | Lehmbruck Museum Duisburg | 0203 283 32 94

THOMAS HIRSCH

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