Eine gute Nachricht aus Düsseldorf: Ministerpräsident Armin Laschet hat Isabel Pfeiffer-Poensgen zur neuen Ministerin für Wissenschaft und Kultur gemacht. Das ist in zweierlei Hinsicht überraschend: Aus der ursprünglichen Idee, Kultur auf Staatssekretärsebene beim Ministerpräsidenten anzusiedeln, ist nicht nur ein eigenständiges Ministerium im Kabinett geworden; die Verbindung von Wissenschaft und Kultur folgte der alten Idee, dass beide nur im Zusammenspiel die Grundlage jeder Bildung sind. Die zweite Überraschung steckt in der Personalie: Pfeiffer-Poensgen ist nicht nur parteilos, sondern auch noch eine ausgewiesene Kulturfunktionärin. Die studierte Kunstgeschichtlerin und Juristin wurde nach Lehrjahren in der Hamburger Kulturverwaltung 1989 zur Kanzlerin der Hochschule für Musik in Köln berufen. Nach zehn Jahren gelang ihr der Sprung in die Kulturverwaltung: Sie übernahm die Leitung des Kulturdezernats in ihrer (und Laschets) Heimatstadt Aachen. 2004 wechselte sie schließlich nach Berlin an die Spitze der Kulturstiftung der Länder.
Aufgabe der föderalen Stiftung ist der Erhalt national bedeutsamen Kulturguts sowie die Überstützung von Museen und Bibliotheken bei Ankäufen, Restaurierung, Ausstellungen oder Publikationen. Pfeiffer-Poensgen war nicht nur für die Ankäufe der Reisetagebücher Alexander von Humboldts oder auch von Werken von Georg Baselitz zuständig. Sie bezog auch deutlich Stellung, als die frühere SPD-Landesregierung vor zwei Jahren Bilder von Andy Warhol aus dem Besitz des landeseigenen Casinobetreibers Westspiel versteigern ließ. Nicht zuletzt dürfte sie als Vorsitzende des Zentrums Kulturgutverluste als Expertin in Sachen NS-Raubkunst und Restituierung gelten.
Unter der ehemaligen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft war die Kultur nicht nur Teil eines Containerministeriums, sondern unterstand einer Ministerin, die sich ausdrücklich ihrer Kulturferne rühmte. Das dürfte sich nun grundlegend ändern. Pfeiffer-Poensgen ist durch ihre bisherige Tätigkeit über die Zwänge vieler Kulturinstitutionen auf Länderebene gut informiert; darüber hinaus kennt sie sich nicht nur in den Labyrinthen bundespolitischer Zuständigkeiten aus, sondern auch auf kommunal- und landespolitischer Ebene. Durch ihre Arbeit bei der Kulturstiftung der Länder hatte sie bisher engen Kontakt mit Stiftungen, was durchaus ein Vorteil für die Kulturpolitik in Nordrhein-Westfalen sein kann. Neuland dürfte für sie die Hochschulpolitik sein.
Pfeiffer-Poensgen kommt aus einem kultur- und politikgeprägten Haushalt. Ihre Mutter vermittelte ihr die Liebe zur Musik. Ihr Vater war Kommunalpolitiker in Aachen. Sie selbst gilt als ziemlich meinungsstark, klar in der Ansage und durchsetzungsfähig. Die neue Kultusministerin geht mit der Ankündigung der neuen Regierung an den Start, den Landeskulturetat bis 2022 um 50 Prozent zu erhöhen. Das ist ein guter Anfang.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Bessere Bezahlung für freie Kunst
NRW führt Honoraruntergrenzen ein – Theater in NRW 08/24
Angst
Beobachtung eines Kritikers im Kindertheater – Bühne 02/23
Bessere Konditionen
EU stärkt Solo-Selbstständige im Theater – Theater in NRW 11/22
Dunkle Fassaden
Das Theater und die Energiekrise – Theater in NRW 09/22
Freunde und Netzwerke
In Dortmund wurde ein neuer Festivalverbund gegründet – Theater in NRW 03/22
Die Schaubühne als weibliche Anstalt
Theaterfrauen in und aus NRW ausgezeichnet – Theater in NRW 12/19
Mülheim war schon immer schneller
Roberto Ciulli bekommt den Theaterpreis Faust – Theater in NRW 11/19
„Was ist überhaupt gut, was ist böse?“
Dedi Baron und Thomas Braus über „IchundIch“ in Wuppertal – Premiere 07/19
Gesellschaftliches Miteinander
Das Asphalt Festival in Düsseldorf – Bühne 07/19
Alles echt ohne Kohle
Klimafreundliche Donnerstage in Mülheim – Prolog 07/19
Zwischenzeit als Zwischenspiel
Ruhrtriennale vom Konflikt um Stefanie Carp erschüttert – Theater in NRW 09/18
Falsche Träume vom Sparen
Theatergutachten in Bonn empfiehlt Investitionen statt Kürzungen – Theater in NRW 05/18
Endspurt für Mammut-Projekt
Beethovenhalle kurz vor der Fertigstellung – Theater in NRW 11/24
Jünger und weiblicher
Neue Leitungsstruktur am Mülheimer Theater an der Ruhr – Theater in NRW 10/24
Überleben, um zu sterben
Bund will bei der Freien Szene kürzen – Theater in NRW 09/24
Mit allen Wassern gewaschen
Franziska Werner wird neue Leiterin des Festivals Impulse – Theater in NRW 07/24
„Zero Waste“ am Theater
Das Theater Oberhausen nimmt teil am Projekt Greenstage – Theater in NRW 06/24
Demokratie schützen
Das Bündnis Die Vielen ruft zu neuen Aktionen auf – Theater in NRW 05/24
Theatrales Kleinod
Neues Intendanten-Duo am Schlosstheater Moers ab 2025 – Theater in NRW 04/24
Neue Arbeitszeitregelungen
Theater und Gewerkschaften verhandeln Tarifvertrag – Theater in NRW 03/24
„Der Tod ist immer theatral“
Theatermacher Rolf Dennemann ist gestorben – Theater in NRW 02/24
Standbein und Spielbein
Pinar Karabulut und Rafael Sanchez gehen nach Zürich – Theater in NRW 01/24
Das diffamierende Drittel
Einkommensunterschiede in der Kultur – Theater in NRW 12/23
Neues Publikum
Land NRW verstetigt das Förderprogramm Neue Wege – Theater in NRW 11/23