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Show-Ritter mit zünftigen Knappen
Foto: Thilo Beu

Gralskönig auf der Intensivstation

31. Mai 2013

Stefan Soltesz mit seiner letzten Neuinszenierung in Essen – Oper in NRW 06/13

Es ist ein Abschied im Triumph, den Essens scheidender Intendant und GMD von seiner Aalto-Oper nimmt. Und es ist ein nahezu perfekt gesetzter Schlusspunkt nach erfolgreichen 16 Jahren. Stefan Soltesz dirigiert seine letzte Neuinszenierung mit dem letzten Werk Richard Wagners, dem „Parsifal“. Wieder einmal ist sein Orchester am Ende der eigentliche Star des Abends. Nicht, weil auf der Bühne schlecht gesungen wurde. Vielleicht, weil kein alles überragender Star auf der Bühne steht. In jedem Fall aber, weil er noch einmal alles herausholt aus seinem Orchester, das er in die Spitzenklasse geführt hat.

Das Publikum feiert die Musiker bereits zwischen den Akten. Am Ende werden auch die Solisten und ein glänzender Chor gewürdigt – allen voran Magne Fremmerlid als Gurnemanz mit der wohl gewaltigsten Stimme dieser Produktion. Heiko Trinsinger klingt als Amfortas wesentlich schlanker und singt die zentrale Partie mit großer Überzeugungskraft. Beeindruckend ist auch Almas Svilpa als Klingsor. Parsifal Jeffrey Dowd wirkt dagegen manches Mal etwas blass, meistert seine neuralgischen Passagen aber souverän. Jane Dutton singt eine akkurate Kundry-Partie – zuweilen aber etwas auf Sparflamme in der Ausstrahlung.

Für seine letzte Produktion holt sich Soltesz mit Joachim Schloemer noch einmal einen Neuen nach Essen. Der zeigt eine moderne, aber keine sonderlich gewagte Inszenierung. Den leidenden König Amfortas, dessen Wunde in der Seite nicht heilen will und täglich wieder aufbricht, inszeniert er auf einer modernen Intensivstation, die sich in einer Art Lazarett-Container befindet (Bühne: Jens Kilian). In einer Endlosschleife schleppt sich der König mit durchgebluteten Verbänden aus seinem Krankenbett, fällt gegen die Fensterscheibe, verschmiert effektvoll sein Blut und wird von herbeieilenden Pflegern versorgt, die ihn waschen und die Verbände wechseln. Es folgen die Schwestern, die das Bett herrichten, der Hausmeister, der die Vorhänge repariert – und alles geht wieder von vorne los.

Die Idee für den ersten Aufzug ist überzeugend, hat subtilen Humor und hilft geschickt darüber hinweg, dass der „Parsifal“ zwar reich an Symbolik, aber nicht unbedingt reich an Handlung ist. Schloemer gelingen effektvolle Bilder, die sich aber oft nicht erschließen. Warum sieht Gurnemanz aus wie Elvis Presley in reiferen Jahren? Warum wird der Gral von einem Kind getragen, das mit seiner Kutte wirkt wie aus den „Star Wars“ entlaufen? Schloemer mag offensichtlich Filmzitate. Im dritten Aufzug hat sich Kundry in eine Hitchcock-Blondine verwandelt. Bloß warum gibt es sie eigentlich immer zweimal, gedoppelt von einer Tänzerin?

Viele Fragen bleiben offen. Unverkennbar bleibt Schloemers Bemühen, offen religiöse Symbolik zu vermeiden und den Erlösungsgedanken ins Publikum zu transportieren. 130 Statisten wimmeln am Ende als „Bürger des Ruhrgebiets“ und Erlösung suchend um den Gral herum. Was mit einer guten Idee vielversprechend anfing, ist spätestens im Schlussbild nur noch nebulös verschwommen zu erkennen.

„Parsifal“ I 15.6. 17 Uhr I Aalto-Musiktheater, Essen I 0201 812 22 00

Karsten Mark

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