Essen, 5.März – Worum geht’s? Bei den meisten wirklich guten Filmen lässt sich diese Frage in einem Satz beantworten. So auch bei Doris Dörries „Grüße aus Fukushima“ – ein zarter Film über eine Begegnung zweier Frauen am Ende der Welt. Die eine lebensunerfahren und naiv, die andere, im wahrsten Sinne des Wortes, mit allen Wassern gewaschen und verbittert. Im Essener Filmstudio Glückauf feierte der Film seine NRW-Premiere in Beisein der Regisseurin.
Nachdem ihr Leben in Scherben liegt, flüchtet sich die junge Deutsche Marie (Rosalie Thomass) auf der Suche nach Sinn ins Land der aufgehenden Sonne, um dort mit der Organisation Clowns4Help ein Lächeln in Gesichter zu zaubern, wo alles in Schutt und Scherben liegt: nämlich in den Containersiedlungen bei Fukushima. Daran scheitert sie grandios, und um irgendwie doch noch etwas sinnvolles zu schaffen, hängt sie sich an die störrische Alte Satomi (der japanische Filmstar Kaori Momoi). Die möchte, und wenn die Geigerzähler auch noch so laut piepen, ihr Haus in der abgesperrten Zone Fukushimas wieder beziehen.
„Mit System vergessen“
Die tristen Panorama-Aufnahmen der Zerstörung in Schwarz-Weiß, Säcke voll abgetragener verseuchter Erde bis zum Horizont, die schockartig in den Film montierten Bilder des zerstörerischen Tsunamis und die Porträtaufnahmen der wirklichen Bewohner der Containersiedlungen: Für Regisseurin Dörrie war es grundlegend, diesen Film, trotz des Strahlungsrisikos, an den Original-Schauplätzen zu drehen. „Man spürt, dass es stimmt. Das war ganz entscheidend für diesen Film“, sagte sie auf der Premiere. „Wir waren die einzigen, die dort einen Spielfilm gedreht haben“, erzählte sie. Das hat sicherlich auch mit der beschwerlichen Arbeit in und um die „Zone“ zutun: Das Filmteam teilte sich einen Container mit den Bauarbeitern, die die verseuchte Erde entfernen. Sicher spielt aber auch eine Rolle, dass die japanische Regierung das Trauma Fukushima nur allzu gern verdrängt wissen möchte. „Die Betroffenen werden mit System vergessen“, sagte Dörrie.
„Grüße aus Fukushima“ ist zwar weit mehr als ein erhobener filmischer Zeigefinger – vielmehr eine cineastische Mediation, ruhig und tiefgehend, facettenreich und persönlich. Der Film handelt genauso von der zu schnell vergessenen Katastrophe, wie auch von der naiven westlichen Wunschvorstellung, sein Seelenheil in der Fremde zu finden. Dennoch wäre es ein Stück Aufarbeitung, würde der Film auch in Japan gezeigt. Noch suche sie nach einem Verleih, sagte Dörrie, Einladungen zu Festivals gebe es bereits.
Der offizielle deutsche Kinostart am 10. März macht auf jeden Fall Sinn: einen Tag später ist der Jahres- und Gedenktag des Unglücks.
Lesen sie außerdem hier unsere Rezension zu „Grüße aus Fukushima“ und hier das Interview mit Hauptdarstellerin Rosalie Thomass.
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