Bedürfnisse der Patient:innen wahrnehmen und den ganzen Menschen im Blick behalten: Mit diesem Leitbild wirbt das Dörthe-Krause-Institut. 75 Gesundheits- und Krankenpfleger:innen werden hier jährlich ausgebildet. Die Einrichtung ist nach Dörthe Krause benannt, eine Wegbereiterin anthroposophisch geprägter Pflege in Deutschland. Krause arbeitete auch als Leiterin des Herdecker Instituts. Das anthroposophische Menschenbild wird den medizinischen Fachkräften vermittelt, bevor sie im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke ins Berufsleben starten.
Martina Degener ist in dieser Klinik als Pflegedirektorin tätig. Das eigene Institut weiß sie zu schätzen: „Dadurch können wir unsere eigenen Leute ausbilden." Denn Pfleger:innen sind aktuell gefragter denn je. Bilder von applaudierenden Menschen gingen zuletzt durch die sozialen Medien. Doch in vielen Kliniken beklagen besonders die Pflegekräfte eine Überbelastung. Zu beliebig und zu gering fällt oft der Personalschlüssel aus, also die Anzahl von qualifizierten Vollzeitkräften pro Patient:in.
Martina Degener hält die allgemeine Versorgung in den deutschen Krankenhäusern für ausbaufähig: „Natürlich fehlen ausgebildete Pflegefachkräfte." Dass eine Bertelsmann-Studie im letzten Jahr noch empfahl, jedes zweite Krankenhaus zu schließen, irritiert sie aktuell noch mehr: „Das ist in meinen Augen völliger Unsinn." Neoliberale Reformpläne im Gesundheitssystem sind aufgrund der aktuellen Pandemie nicht mehr so populär. „Wir brauchen jedes einzelne Krankenhausbett", betont Degener. „Nach der Corona-Krise wird hoffentlich ein Umdenken stattfinden."
Für viele ihrer Kolleg:innen in den deutschen Kliniken fallen Tätigkeiten an, für die sie gar nicht ausgebildet wurden: Essen austeilen oder Akten ordnen. „Diese Aufgaben können von anderen gemacht werden", empfiehlt sie. „Wir brauchen da mehr Professionalität"
Das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke sieht die gelernte Intensivpflegerin hier gut aufgestellt, denn das 1969 eröffnete Klinikum betrachtet Bedürfnisse und die jeweilige Biographie von Patient:innen als Leitfaden für Therapien und Diagnostik. „Wir binden die Patient:innen aktiv in die Therapie ein", versichert Degener. „Ein Mensch darf nicht auf ein Krankheitsbild reduziert werden, sondern er muss als Partner:in der Ärztin oder des Arztes angesehen werden." Ermöglicht wird dieses Vorgehen durch eine moderne Medizin, die um die Möglichkeiten der anthroposophischen Medizin erweitert wird. Ausgangspunkt und Grundlage ist auch im Gemeinschaftskrankenhaus die Schulmedizin, wie Degener betont: „Wir machen die gleiche Hochleistungsmedizin." Im Unterschied zu anderen Kliniken wird diese jedoch von heilkundlichen bzw. pflanzlichen Ansätzen ergänzt. Ein konkretes Beispiel: Kinder, die etwa an einer Bronchitis leiden, werden zusätzlich mit einem Ingwer-Wickel behandelt, statt allein auf Antibiotika zu setzen.
Wie alle Einrichtungen bereitete sich das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke in den letzten Wochen auf die Pandemie vor. Bislang wurden bereits einige Corona-Patient:innen behandelt, darunter ein Mann aus den Niederlanden. Die befürchtete Welle blieb bislang noch aus. „Alle Krankenhäuser in der Umgebung sind weitgehend verschont geblieben", erzählt Martina Degener über die bisherigen Corona-Folgen im Ruhrgebiet. Auf eine mögliche „zweite Welle" seien alle Kolleg:innen jedoch bestens gewappnet: „Unser Konzeptsteht. Wir sind auf den Worst Case vorbereitet."
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