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„Im weißen Rössl“
Foto: Pedro Malinowski

Nur die Tänzer haben Biss

29. März 2012

„Im weißen Rössl“ im MIR - Theater Ruhr 04/12

„Frecher, greller, jazziger“ lautete das Versprechen. Nach einem halben Jahrhundert mit weichgespültem Heimatfilm-Sound aus den 1950ern sollte es „Im weißen Rössl“ musikalisch wieder so zugehen, wie es Komponist Ralph Benatzky 1930 vorgesehen hatte: mit Jazz-Combo im Orchestergraben und getanzten Foxtrott-, Slowfox- und Shimmy-Einlagen. Als 2009 die Originalpartitur des Rössl in Zagreb wieder auftauchte, brachte sie die Staatsoperette Dresden unverzüglich auf die Bühne; vor gut einem Jahr folgte das Theater Hagen als zweites Haus. Das Musiktheater Gelsenkirchen belegt mit einer Inszenierung von Peter Hailer nun den vierten Platz.

Vor der Entdeckung des Originalmaterials habe er stets dankend abgelehnt, wenn ihm das Rössl angeboten wurde, hatte Regisseur Hailer im Vorfeld der Premiere geäußert. Nun aber reize ihn die Herausforderung. Wer nun einen deutlichen Gegenentwurf zur Heimatfilmidylle mit Peter Alexander erwartete, wird allerdings enttäuscht. Was Hailer seinem Publikum bietet, ist eine denkbar konventionelle Umsetzung, die letztlich sogar an demselben zentralen Manko krankt wie der Film von 1960. „Reich an gekünsteltem Aufwand, etwas arm an natürlicher Heiterkeit“, urteilte seinerzeit das „Lexikon des internationalen Films“ und trifft damit auch das Problem der Gelsenkirchener Bühnenproduktion. Selbst ein Darsteller wie Thomas Weber-Schallauer, der den Operettenbühnen der Region zurecht als Garant fürs Komische gilt, kann als Zahlkellner Leopold sein Potenzial nicht so recht ausspielen. Dafür ist die gesamte Personenführung zu steif und Christa Platzer als Wirtin Josepha auch deutlich zu sauertöpfisch. Die Regie lässt zudem die Pointen gleich reihenweise verpuffen. Am ehesten kann noch Uwe Schönebeck als ewig grantelnder Berliner Fabrikant mit Komik punkten oder Rüdiger Frank als „Piccolo“.

Ansonsten lebt dieses Rössl vor allem von den vielen gelungenen Tanzeinlagen, die Kati Farkas für das Ballett choreographiert hat – und die immerhin etwas satirischen Biss in den Abend bringen. Denn leider hat auch Bernhard Stengel im Orchestergraben eher die Tendenz zum Gefälligen, als dass er die starken Kontraste der Ur-Partitur besonders hervorkehrte.

„Im weißen Rössl“ I Mo 9.4., 18 Uhr I Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen I 0209 409 72 00

KARSTEN MARK

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