Ganz schön neblig. Die rote Fahne flackert im Terrarium, während Vera Lynns „We Meet Again“ durch die Kammerspiele weht. Der Mensch im schwarzen Affenkostüm, der sich das alles anschaut, wird auch Kubricks Knochen zitieren, na klar. Böse Evolution, spätestens nachdem der Sprung in die Industrialisierung gelungen ist und das frühbarocke lebende Bild der häuslichen Idylle unaufgeregt verschwindet. Die Spannungen zwischen unten und oben haben sich jedenfalls nie gelöst, nicht durch Lügen von sozialer Marktwirtschaft noch durch Heilsversprechen digitaler Zukunft. Auch 5G wird die Taschen derer füllen, die sowieso nie von Arbeit gelebt haben. Insofern ist der Untertitel von „After Work“ nämlich „ein Requiem für den arbeitenden Menschen sein zu wollen“ ein verdammt zweischneidiges Unterfangen, das die halluzinogene 90-Minuten-Performance von Tobias Staab, Rob Fordeyn und Nadja Sofie Eller durchaus einlösen kann.
Auf die Frage: „Was gewesen ist, kannst du das begraben?“, sagt die alte Frau folgerichtig: „Nein.“ In der traditionellen Totenmesse käme jetzt die Anrufung Gottes, während der Beamer einen der ersten Schwarzweiß-Filme projiziert: „Arbeiter verlassen die Fabrik“ – ein Bild dessen oftmals historische Endgültigkeit die Bochumer (und das Ruhrgebiet) zur Genüge kennen. Im Geiste des japanischen Butoh bewegen sich die Schauspieler oft durch die traumatischen Szenerien, stellen Pflanzen um, kreieren Pieta-Szenerien, Feuerlauf, Kafka, alles da und doch kulminiert alles in einer Shibari-Szene, bei der die Bondage-Meisterin Dasniya Sommer nach einer erotisch-feuchten Schleim-Waschung zwei der männlichen Performer fachgerecht die Glieder zusammenknotet. Wenn das nur nicht die Erlösung ist.
„After Work“ | R: Tobias Staab | Sa 22.2. 19 Uhr, So 23.2. 17 Uhr, Mi 26.2. 19.30 Uhr | Schauspielhaus Bochum | 0234 33 33 55 55
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