Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
28 29 30 31 1 2 3
4 5 6 7 8 9 10

12.579 Beiträge zu
3.805 Filmen im Forum

Foto: Michael Saup

Totenmesse fürs Malochertum

05. Februar 2020

„After Work“ in den Bochumer Kammerspielen – Theater Ruhr 02/20

Ganz schön neblig. Die rote Fahne flackert im Terrarium, während Vera Lynns „We Meet Again“ durch die Kammerspiele weht. Der Mensch im schwarzen Affenkostüm, der sich das alles anschaut, wird auch Kubricks Knochen zitieren, na klar. Böse Evolution, spätestens nachdem der Sprung in die Industrialisierung gelungen ist und das frühbarocke lebende Bild der häuslichen Idylle unaufgeregt verschwindet. Die Spannungen zwischen unten und oben haben sich jedenfalls nie gelöst, nicht durch Lügen von sozialer Marktwirtschaft noch durch Heilsversprechen digitaler Zukunft. Auch 5G wird die Taschen derer füllen, die sowieso nie von Arbeit gelebt haben. Insofern ist der Untertitel von „After Work“ nämlich „ein Requiem für den arbeitenden Menschen sein zu wollen“ ein verdammt zweischneidiges Unterfangen, das die halluzinogene 90-Minuten-Performance von Tobias Staab, Rob Fordeyn und Nadja Sofie Eller durchaus einlösen kann.

Auf die Frage: „Was gewesen ist, kannst du das begraben?“, sagt die alte Frau folgerichtig: „Nein.“ In der traditionellen Totenmesse käme jetzt die Anrufung Gottes, während der Beamer einen der ersten Schwarzweiß-Filme projiziert: „Arbeiter verlassen die Fabrik“ – ein Bild dessen oftmals historische Endgültigkeit die Bochumer (und das Ruhrgebiet) zur Genüge kennen. Im Geiste des japanischen Butoh bewegen sich die Schauspieler oft durch die traumatischen Szenerien, stellen Pflanzen um, kreieren Pieta-Szenerien, Feuerlauf, Kafka, alles da und doch kulminiert alles in einer Shibari-Szene, bei der die Bondage-Meisterin Dasniya Sommer nach einer erotisch-feuchten Schleim-Waschung zwei der männlichen Performer fachgerecht die Glieder zusammenknotet. Wenn das nur nicht die Erlösung ist.

„After Work“ | R: Tobias Staab | Sa 22.2. 19 Uhr, So 23.2. 17 Uhr, Mi 26.2. 19.30 Uhr | Schauspielhaus Bochum | 0234 33 33 55 55

PETER ORTMANN

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Alter weißer Mann

Lesen Sie dazu auch:

Gegen Remigrationspläne
Elfriede Jelineks „Die Schutzbefohlenen – Was danach geschah“ am Schauspielhaus Bochum – Prolog 05/24

Ein Baum im Herzen
„Eschenliebe“ am Schauspielhaus Bochum – Prolog 03/24

Siehst du, das ist das Leben
„Der erste fiese Typ“ in Bochum – Theater Ruhr 06/23

Mit Psyche in die Unterwelt
„Underworlds. A Gateway Experience“ am Schauspielhaus Bochum – Prolog 01/23

Tonight's the Night
Musikalische Silvester an den Theatern im Ruhrgebiet – Prolog 12/22

Zeichenhafte Reduktion
NRW-Kunstpreis an Bühnenbildner Johannes Schütz verliehen – Theater in NRW 12/22

Das Kollektiv als Opfer
„Danza Contemporanea de Cuba“ in Bochum – Tanz an der Ruhr 12/22

„Es geht um eine intergenerationelle Amnesie“
Vincent Rietveld über „Bus nach Dachau“ am Schauspielhaus Bochum – Premiere 11/22

Keine Versöhnung in Sicht
„Einfach das Ende der Welt“ am Schauspielhaus Bochum – Prolog 10/22

The Return of Tragedy
Theater im Ruhrgebiet eröffnen die neue Spielzeit – Prolog 09/22

„Viele Leute sind froh, dass sie in Bochum sind“
Liesbeth Coltof über „Hoffen und Sehnen“ – Premiere 06/22

Keine Helden im Posthumanismus
„The Shape of Trouble to come“ in Bochum – Bühne 05/22

Theater Ruhr.

Hier erscheint die Aufforderung!