Schon einmal musste im Rahmen der hier stattfindenden Kolumne das Beispiel der streng veganen Freundin meines Mitbewohners zur vereinfachten Darstellung komplizierter Sachverhalte herangezogen werden. In der Theorie ist schließlich noch alles denkbar, erst die Anwendung in der Realwelt des Alltags zeigt uns, woraus Entscheidungen eigentlich gemacht sind, wenn man sie in die Tat umsetzt. Konsequenzen sind die Resultate am Ende von Prozessen.
Fangen wir aber am besten noch einmal ganz vorne an, beim Universum bzw. bei den Grundlagen des Kosmos. In der Astrophysik, genauer gesagt in der für die Astrophysik so bedeutenden Lehre der Thermodynamik, beschreibt das Phänomen der Entropie die traurige Tatsache, dass letztlich alles und ausweglos seinem Ende entgegenwächst. Aus Ordnung wird stets Unordnung, nie umgekehrt. Aus Stahl wird Rost, aus feinem Porzellan werden Scherben, aus Früchten werden Fruchtfliegen. Die Gegenprobe sticht: Noch nie wurden aus Fruchtfliegen Früchte.
Und da sind wir auch schon wieder unmittelbar beim Veganismus und seiner Entsprechung, der kontrolliert biologisch-nachhaltigen, nicht-industriell betriebenen Landwirtschaft, die wiederum ihre ganz eigenen Auswüchse der Entropie mit sich bringt.
Denn solange der Mensch existiert, versucht er, dem Vergessen und Zersetzen des Weltalls etwas entgegen zu setzen. Das Leben insgesamt ist vermutlich nichts weiter als ein umfassender und bis zum letzten Atemzug fortdauernder Konservierungsversuch. Aus diesem Grund cremen wir uns morgens und abends das Gesicht mit Q10 ein, lassen uns Falten wegschneiden, gehen zum Sport, versiegeln Holzböden, vakuumieren und mischen eben Konservierungsstoffe in unsere Lebensmittel.
Heute könnte man eine angefangene Tüte Milch theoretisch drei Wochen lang sorglos zu Ende verwenden, ehe man sie natürlich trotz allem genau so wegschmeißt. Und das ist doch ein Fortschritt. Erst das Konservierungsmittel befreit den Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unhungrigkeit.
Aber was hat das alles mit der eingangs erwähnten Mitbewohnerin zu tun? Nun, jeden Tag kann man sie beobachten, wie sie körbeweise frisch vom Bio-Bauernhof geerntetes Obst und Gemüse in großer Zahl in die Wohnung trägt und intensiv zubereitet. Es entstehen dann stets sehr bunte, riesengroße Teller, von denen sie mir immer leidenschaftlich und herzensgut zu Essen gibt. Meist schmeckt es gut, meistens nach nichts.
Die ungenießbaren Überreste, die auch bei der Bio-Landwirtschaft noch nicht abgeschafft werden konnten, landen dann im Hausmüll, wo sie – so nehme ich an – wegen fehlender Pestizide und Konservierungsmittel binnen Minuten zu einem stinkenden, mit Millionen von Fruchtfliegen übersäten Matsch verfaulen. In der Landwirtschaft sollten künftig einfach mehr Konservendosen angebaut werden.
Aktiv im Thema
www.solidarische-landwirtschaft.org
urbaneoasen.de | Urbane Gemeinschaftsgärten in NRW
www.weltagrarbericht.de
www.arc2020.eu | Zivilgesellschaftliche Gruppe die neue Konzepte für EU-Agrarpolitik entwickelt
Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: choices.de/thema und engels-kultur.de/thema
GEMEINWOHL – Der Neoliberalismus frisst seine Kinder?
(Thema im November)
AutorInnen, Infos, Texte, Fotos, Links, Meinungen...
gerne an meinung@trailer.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Wenn Gen-Patente hungrig machen
Pat Mooney am 24.10. in der GLS Bank zur Fusion von Monsanto und Bayer – Spezial 10/16
Zurück zu den Wurzeln
Solidarische Landwirtschaft kann helfen, Bauernhöfe zu unterstützen – THEMA 10/15 VOGELFREI
„Null-Linie für Pestizide bei Bio-Produkten nicht steuerbar“
Gerald Wehde von Bioland e.V. über Herausforderungen des Biolandbaus – Thema 10/15 Vogelfrei
Gegen welche Regel?
Intro – Flucht und Segen
Schulenbremse
Teil 1: Leitartikel – Was die Krise des Bildungssystems mit Migration zu tun hat
„Die Kategorie Migrationshintergrund hat Macht“
Teil 1: Interview – Migrationsforscher Simon Moses Schleimer über gesellschaftliche Integration in der Schule
Bildung für Benachteiligte
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Verein für multikulturelle Kinder- und Jugendhilfe in Bochum
Rassismus kostet Wohlstand
Teil 2: Leitartikel – Die Bundesrepublik braucht mehr statt weniger Zuwanderung
„Ein Überbietungswettbewerb zwischen den EU-Staaten“
Teil 2: Interview – Migrationsforscherin Leonie Jantzer über Migration, Flucht und die EU-Asylreform
Ein neues Leben aufbauen
Teil 2: Lokale Initiativen – Der Verein Mosaik Köln Mülheim e.V. arbeitet mit und für Geflüchtete
Zum Schlafen und Essen verdammt
Teil 3: Leitartikel – Deutschlands restriktiver Umgang mit ausländischen Arbeitskräften schadet dem Land
„Es braucht Kümmerer-Strukturen auf kommunaler Ebene“
Teil 3: Interview – Soziologe Michael Sauer über Migration und Arbeitsmarktpolitik
Ankommen auch im Beruf
Teil 3: Lokale Initiativen – Bildungsangebote für Geflüchtete und Zugewanderte bei der GESA
Das Recht jedes Menschen
Die Flüchtlings-NGO Aditus Foundation auf Malta – Europa-Vorbild Malta
German Obstacle
Hindernislauf zur deutschen Staatsbürgerschaft – Glosse
Weihnachtswarnung
Intro – Erinnerte Zukunft
Nostalgie ist kein Zukunftskonzept
Teil 1: Leitartikel – Die Politik Ludwig Erhards taugt nicht, um gegenwärtige Krisen zu bewältigen
„Nostalgie verschafft uns eine Atempause“
Teil 1: Interview – Medienpsychologe Tim Wulf über Nostalgie und Politik
Lebendige Denkmäler
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Route Industriekultur als Brücke zwischen Gestern und Heute
Aus Alt mach Neu
Teil 2: Leitartikel – (Pop-)Kultur als Spiel mit Vergangenheit und Gegenwart
„Früher war Einkaufen ein sozialer Anlass“
Teil 2: Interview – Wirtschaftspsychologe Christian Fichter über Konsum und Nostalgie
Spenden ohne Umweg
Teil 2: Lokale Initiativen – Das Netzwerk 2. Hand Köln organisiert Sachspenden vor Ort
Glücklich erinnert
Teil 3: Leitartikel – Wir brauchen Erinnerungen, um gut zu leben und gut zusammenzuleben
„Erinnerung ist anfällig für Verzerrungen“
Teil 3: Interview – Psychologe Lars Schwabe über unseren Blick auf Vergangenheit und Gegenwart
Zivilcourage altert nicht
Teil 3: Lokale Initiativen – Der Verein zur Erforschung der Sozialen Bewegungen im Wuppertal