Im März 2024 veröffentlichte die Menschenrechtskommissarin des Europarats Dunja Mijatović ihren Bericht über Deutschland. Darin beklagt sie insbesondere einen Missstand: soziale Ungleichheit – Kinder- und Altersarmut, Wohnungsmangel sowie Rassismus seien weit verbreitet. Was lässt sich dagegen tun? „Das stärkste Mittel, um für uns einzustehen, ist die Solidarität im Stadtteil“, sagt Lea. Sie ist Mitglied des Solidaritätsnetzwerks Wuppertal, das sich für die Rechte von Arbeitslosen, Migrant:innen, Rentner:innen und Jugendlichen einsetzt. Diese Gruppen verbinde, dass sie unter der Sparpolitik des Staates und der Profitorientierung von Unternehmen leiden: „Unser Gesundheitssystem wird kaputtgespart, die Infrastruktur in unseren Vierteln zerfällt. Viele Rentner:innen sind von Altersarmut betroffen, die Kluft zwischen den Armen und den Reichen wird immer größer. Auch zahlreiche Arbeiter:innen sind von der Armut bedroht, darunter vermehrt Migrant:innen und alleinerziehende Elternteile“, so Lea.
Einander kennenlernen
Das Solidaritätsnetzwerk will dieser Krise entgegenwirken. Gegründet wurde die sozialistische Organisation 2017 in Cottbus. In Städten wie Köln, Berlin und Leipzig folgten daraufhin regionale Gruppen, 2021 auch in Wuppertal. Das hiesige Netzwerk entstand aus einem Zusammenschluss von Studierenden, die sich an der Bergischen Universität engagierten. Gemeinsam mit der Internationalen Jugend setzen sich die Mitglieder für soziale Rechte am Ölberg ein – gegenüber Vermieter:innen, Arbeitgeber:innen und Unternehmen. Regelmäßig finden offene Treffen statt, um politische Aktionen zu diskutieren, beispielsweise einen Protest gegen den AfD-Parteitag in Essen oder Projekte zu den „Housing Action Days“. Etwas lockerer geht es hingegen bei der „Viertel Runde“ zu: Hierbei gibt es unter anderem Film- und Spieleabende oder gemeinsames Kochen. „Das Solinetz soll dazu dienen, uns untereinander im Stadtteil kennenzulernen, um eine starke und solidarische Bewegung aufzubauen“, erklärt Lea.
Die Probleme, die das Netzwerk bekämpfen möchte, sind zahlreich: „Wohnungsnot und viel zu hohe Mieten reihen sich an Wohnungsleerstand undsystematischen Verfall“, beklagt Lea. „Desweiteren setzen wir uns gegen Polizeigewalt ein, die in den migrantisch geprägten Stadtteilen sehr präsent ist.“ In Wuppertal sorgte insbesondere der Fall von Georgios Zantiotis, der in Polizeigewahrsam verstarb, für einen Aufschrei. Auch geschlechterspezifische Gewalt und die ökonomische Benachteiligung von Frauen sind wichtige Themen. Dass derartige Missstände regional angepackt werden, ist Lea besonders wichtig. Deshalb spricht sie sich gegen ein Stellvertretertum aus: „Wir tragen nicht von außen Ideen ins Viertel hinein, sondern sind alle selbst von den Problemen betroffen und wollen selbst gegen sie ankämpfen.“
Die Macht der Arbeiterbewegung
Für die Zukunft des Arbeitskampfes seien systemrelevante Aspekte zu beachten: „Momentan blicken wir auf eine Arbeitswelt, in der Jobs in der Pflege oder im ÖPNV stark unterfinanziert werden“, so Lea. „Da diese Berufe allerdings systemrelevant sind und das auch immer bleiben werden, haben die Angestellten ein gewisses Druckmittel, das sie nutzen können, um ihre Situation zu verbessern“. Gerade Streiks legten dar, wie bedeutend diese Arbeiten sind. Lea zeigt sich zuversichtlich: „Historische Beispiele wie die Einführung des 8-Stunden-Arbeitstages oder die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zeigen den Erfolg von geführten Arbeitskämpfen. Der aktuelle Tarifabschluss der GDL beweist, dass Arbeitskämpfe auch heute noch gewonnen werden können.“
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