Mit der zunehmenden Popularität von Poetry-Slams sank, so ist zumindest der Eindruck, auch die Bereitschaft der TeilnehmerInnen sich ernsteren, kritischeren Themen zu widmen. Umso höher die Publikumsresonanz wurde, desto wichtiger wurde auch der Faktor Unterhaltung. Nicht selten gewinnt aktuell der/die SlammerIn, welche(r) die Lachmuskeln der Gäste am meisten zu beanspruchen weiß. Der MenschenrechtSlam im Dortmunder Subrosa stellte daher eine erfrischende Abwechslung dar. Die Hochschulgruppe von Amnesty International der TU Dortmund lud zu einem Poetry Slam in die Dortmunder Hafenkneipe Subrosa, um in urigem Ambiente Wortjonglage zu betreiben. Die Vorgabe: Der mitgebrachte Text musste sich mit dem Thema Menschenrechte auseinandersetzen. Passend dazu hatte man die von den Vereinten Nationen 1948 festgeschriebenen Rechte auf Papier vorliegen, um die Inhalte der Texte den jeweiligen Artikeln zuordnen zu können. Fünf SlammerInnen sollten an diesem Abend mit zwei Texten in zwei Runden um den Sieg dichten.
Das kleine Subrosa hatte sich zum Start gut gefüllt. Der vom Moderator süffisant als „polnischer Außenminister“ angekündigte Christoph Herzig machte den Anfang. Der Stammgast des regelmäßig stattfindenden Subrosa-Slams hatte es nicht schwer einen Text zu finden, der zum Motto passte. Sein Gedicht über die Aussichtslosigkeit von Gefangenschaft und die zum Teil unmenschlichen Bedingungen stellte sich ob des derzeitigen Hickhacks um die Guantanamo-Schließung als Lyrik mit hoher Aktualität heraus. Das Publikum reagierte dennoch verhalten. Nur wenige Hände gingen bei der darauffolgenden Abstimmung in die Höhe, die diesmal das ganze Publikum miteinbezog und auf eine ausgewählte Jury und Punktetafeln verzichtete. Caroline versuchte sich in der Folge an einer augenzwinkernden Skizze des Präsidenten-Alltags vor dem großen TV-Duell. Dass hierbei alles auf den Wahl- und Punktsieg ausgerichtet ist und Politiker sogar manchmal lügen, überraschte wohl niemanden und so wirkte der Vortrag ein wenig naiv und unausgereift.
Nachdem der „Sim Panse“ aus Köln einen souverän-humorvollen Abgesang auf Supermärkte ablieferte und die junge Iranerin Özge etwas ausufernd aber hoch emotional über Stereotypen und Vorurteile sinnierte, ging es mit Texten von Philip Lehmkul und Gast-Kabarettist Ilhan Atasoy in die Pause. Letzterer rezitierte bekannte Lyrik und solidarisierte sich mit den Protesten in seiner türkischen Heimat.
Die zweite Runde war für Özge und Sim Panse nur noch Formsache. Zu weit vorn lagen sie schon nach ihren ersten Texten im Publikumsvoting. Den Sieg machten sie unter sich aus. Sim Panse hielt der breiten Masse mit leicht erhobenem Zeigefinger deren Ignoranz trotz völliger Wahlfreiheit vor Augen und steigerte mit dem Eingeständnis der eigenen Unperfektion und des eigenen I-Phones nochmal die Sympathiewerte. Özge zeichnete ein autobiografisches Bild einer Heranwachsenden zwischen zwei sich oft widersprechenden Kulturen. Der Text endete mit dem sexuellen Ausbruch aus moralischen Konventionen in Form des ersten eigenen Beischlafs und überrumpelte das Publikum förmlich mit jenem hohen Maß an Intimität. Der Moderator, stets für einen platten, gerne auch politisch inkorrekten Lacher gut, war aber auch nach diesem Auftritt nicht auf den Mund gefallen: „Respekt. Du weißt wie man Menschenrechte sexy rüberbringt.“
Am Ende sicherte sich der Kölner Sim Panse den hauchdünnen Sieg. Fazit: Poetry kann auch politisch unterhalten. Bitte mehr davon!
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