Das Fenster zum Hof
USA 1954, Laufzeit: 112 Min., FSK 16
Regie: Alfred Hitchcock
Darsteller: James Stewart, Grace Kelly, Wendell Corey, Thelma Ritter, Raymond Burr
Wer in den letzten Jahren Hitchcocks bedeutenden Kammerspiel-Thriller im Kino oder am Bildschirm sah, erinnerte sich wehmütig an die gestochen scharfen Vistra Vision Farbbilder, an die Tonmischung aus Dialogen und Hintergrundsgeräuschen. Stumpfe gelbstichige Bilder und verwaschene Klänge erinnerten dann an den Raubbau, den man im Filmgeschäft mit dem anfälligen Zelloloid betrieben hat. Jetzt haben Robert A. Harris und James C. Katz ihre filmhistorische Aufarbeitungen fortgesetzt, die sie seit Jahren unermüdlich betrieben haben: Beispielsweise bei Stanley Kubricks "Spartacus" und David Leans "Lawrence von Arabien" sowie Hitchcocks "Vertigo - Aus dem Reich der Toten". Jetzt erkennt man auch am "Fenster zum Hof" wieder die kleinsten Details, sieht den Abendhimmel über der Hinterhof-Kulisse, den Meister selbst in einem seiner schönen Auftritte, hört die Töne richtig und entdeckt bei jedem Ansehen mehr von der Pracht dieses wunderschönen Opus. Am Fenster zum Hof sitzt ein Mann im Rollstuhl, das Bein in Gips, Tag und Nacht. Er ist allein und allmählich beginnt ihn die Nachbarschaft zu interessieren. Er beobachtet, was draußen im Hof und in den anderen Wohnungen vor sich geht. Eines Tages wird er Zeuge eines Mordes und der Mörder macht seinen Beobachter ausfindig. Das Ergebnis: atemberaubende, Nerven zerrende Spannung, wie sie nur Hitchcock so überlegt, so intelligent und dezent zugleich entfalten kann. Wieviel Gift wurde bei uns seinerzeit auf dieses Kammerspiel gegossen! Die zeitgenössische Kritik hatte diesen und andere Hitchcock-Filme total verkannt. Der Kritiker der "Süddeutschen Zeitung" hat sich bis zur Beobachtung des Mordes gelangweilt, in der FAZ nannte man das gar "ein Traktätchen im Stil jener Comic Strips, die die Dummheit schüren". Inzwischen gilt er auch hier als typisches Beispiel des Suspense-Kinos. "Rear Window" ist ein aufregendes kriminalistisches Kammerspiel: die Begrenzung auf den engen Raum regt zu geradezu virtuoser Phantasie an. Längst hat man diesen und andere Filme als Meisterwerke erkannt, 1984 gab es eine sehr erfolgreiche Wiederaufführung von diesem und vier anderen Hitchcock- Filmen mit neuen Kopien, jetzt hat man auch diesen Film völlig restauriert.
(Heiko R. Blum)
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