Die eine wäre heute 101 Jahre alt geworden, starb aber schon in den 1970er Jahren. Der andere spielt mit über 80 Jahren heute noch seine Songs auf den Bühnen dieser Welt. Beide waren Ikonen ihrer Zeit – ihre Musik könnte jedoch unterschiedlicher kaum sein: Folksänger Bob Dylan und Operndiva Maria Callas. Zwei Ausnahmetalente in ihrem Genre, die im Februar nun auch als Filmfiguren gewürdigt werden. Gut so, ziehen moderne Ikonen uns doch magisch an.
Den Anfang macht die „Primadonna Assoluta“ (übers.: absolute Primadonna), deren Filmbiografie „Maria“ am 6. Februar in die Kinos kommt. Callas, die große Sopranistin und letzte Diva ihrer Zeit – um nur kurz die unzähligen elaborierten Zuschreibungen anzudeuten, mit denen sie die Welt versehen hat. Nachdem sie bei ihrem ersten großen Auftritt in der Nationaloper in Athen 1942 die Partie der Tosca singt, folgt eine Weltkarriere – und ein exzessives Leben im Saus und Braus. Schnell ist es nicht nur ihre gesangliche Bandbreite, die die Operndiva kometenhaft aufsteigen lässt, sondern auch ihr Privatleben. Das kommt gar nicht mehr aus den Schlagzeilen, als sie Ende der 1950er Jahre eine Affäre mit dem Reedereimagnaten Aristoteles Onassis beginnt. Nach der Scheidung der beiden von ihren Ehepartnern mündet die Affäre in eine Beziehung, die man wohl heute als „toxisch“ bezeichnen würde. Im Film geht es vor allem um Callas letzte Lebensjahre in den 1970er Jahren, die sie – verkörpert von Angelina Jolie – überwiegend isoliert in ihrem Pariser Luxusapartment mit reichlich Tabletten verbringt. Als sie 1977 mit nur 53 Jahren an einem Herzinfarkt stirbt, hinterlässt sie ein enormes musikalisches Erbe.
„Maria“ stellt den Abschluss von Pablo Larraíns Trilogie über Frauen der Weltgeschichte da, die mit „Jackie: Die First Lady“ 2016 begonnen hat und wohl nicht ganz unfreiwillig eine Klammer zu Callas bildet, die von ihrer großen Liebe Onassis eben für diese Jacky Kennedy verlassen wurde, autsch. Bob Dylan soll mal über die Oper gesagt haben, dass sie der einzige Ort auf der Welt ist, an dem der Held, nachdem er in den Rücken gestochen wurde, zu singen beginnt. Mehr Kontrapunkt zur Oper geht wahrscheinlich nicht mehr – aber vielleicht ist das bei einem Folksänger wie Bob Dylan, der mit Songs wie „Blowin‘ in the Wind“ in den 1960er Jahren quasi den Soundtrack für die Bürgerrechtsbewegung in den USA geschrieben hat, nur aufrichtig und folgerichtig. So erzählt „Like A Complete Unknown“ von Bob Dylans Anfängen mit Akustikklampfe, seinem Kampf mit der Erwartungshaltung der Öffentlichkeit, seiner Rolle als Vorreiter elektrisch verstärkter Musik und seiner Wandlung zum Rockmusiker. Von Regisseur James Mangold, der sich bereits 2006 mit seinem vielschichten Biopic „Walk the line“ über Johnny Cash einen Namen gemacht hat, dürfen wir uns in jedem Fall eine Filmbiografie erhoffen, die die Figur Dylan nicht als eindimensionalen Mythos, sondern als die komplexe, brillante, fehlerhafte und zutiefst menschliche Figur darstellt, die er war und ist.
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