Das Jahr der ersten Küsse
Deutschland 2002, Laufzeit: 98 Min., FSK 12
Regie: Kai Wessel
Darsteller: Oliver Korittke, Max Mauff, Diane Siemons-Willems, Thomas Drechsel, Luana Bellinghausen, Michael Godde, Rebecca Hessing, Aimée Grinda
Die ersten Kontakte mit dem anderen Geschlecht, der erste Kuss, die erste Fete, der erste Sex in der Rückschau mögen das bisweilen belächelnswerte Stationen des Erwachsenwerdens sein, für einen 15-Jährigen aber sind es die essentiellen Dinge des Lebens. Tristan (Max Mauff) lebt das normale Leben eines deutschen Teenagers in den 80er Jahren. Die meiste Zeit verbringt er mit seinen besten Freunden, einer Clique von insgesamt fünf Jungen und fünf Mädchen. Der linkische Tristan, der pummelige Specki, der schöne Lars, der pickelige Streusel und Elrond, dessen Eltern 14mal "Herr der Ringe" gelesen haben, verbringen viel Zeit mit Wichsen und brauchen eine Weile, bis sie sich trauen, die Mädels (Kerstin, Simone, Tümai, Jana und Judith) anzubaggern. Ihre Freizeit besteht aus Tanzkurs und Klammerblues zu "Dreams are my reality", ersten Alkoholexzessen und Partys, nach denen einen die Eltern mit dem Auto abholen. Wasserschlachten und Strip-Poker gehören ebenso zu ihrem Alltag wie ernste Gespräche unter Freunden und Probleme mit den Eltern. Ein Teenagerfilm? Nicht unbedingt. Durch einen kleinen dramaturgischen Kunstgriff trägt diese Komödie auch Züge eines Dramas. Erzähler des "Jahres der ersten Küsse" ist der erwachsene Tristan ("Musterknabe" Oliver Korittke). Ihn sieht man nur während einer Handvoll von Einstellungen, aber den gesamten Film über kommentiert er seine Jugenderinnerungen humorvoll aus dem Off. Schon zu Beginn erfahren wir, dass Tristan in besagtem Jahr die Frau kennen und lieben gelernt hat, mit der er 16 Jahre lang zusammen, davon 12 Jahre verheiratet war, die jüngst aber verstorben ist. Auf diese Weise spielt sich alle unbeschwerte Heiterkeit vor einem ernsten Hintergrund ab. Und zugleich bezieht der Film eine ständige Spannung aus der Frage, welche der fünf Mädchen denn nun Tristans spätere Ehefrau werden wird.Besonders für die Generation um die 30 empfiehlt sich diese schaurig-schöne Zeitreise in die eigene Jugendzeit. Heimlicher Star des Films ist dessen Ausstattung - unglaublich authentisch und reich an wunderbaren Details, die der Zuschauer beglückt immer wieder ganz beiläufig entdeckt. Die miefigen Umkleidekabinen der Turnhalle, der im Hintergrund laufende Fernseher, in dem die Aerobic-Show "Enorm in Form" zu sehen ist, der Tanzschullehrer, der seinen Wollpullover in der Hose trägt, der Partykeller mit der Mauer-Imitat-Tapete, in dem Specki inbrüstig Westernhagens "Dicke" grölt das alles wirkt so echt, als habe die Filmcrew Drehorte aufgetan, die tatsächlich seit den 80er Jahren irgendwo völlig unberührt dahinschlummerten.
(Marita Ingenhoven)
Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Ruhrgebietsfilmgeschichte erleben
„Glückauf – Film ab!“ im Essener Ruhr Museum
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Filmfestivalmonat November
Mit der Duisburger Filmwoche, Doxs! und dem Blicke – Filmfestival des Ruhrgebiets – Vorspann 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Reise in die Seele des Kinos
Die Ausstellung „Glückauf – Film ab“ in Essen – Vorspann 10/24
Programmkollaps
Vergraulen immer komplexere Kinoprogramme das Publikum? – Vorspann 09/24
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
Der Kurzfilm im Rampenlicht
Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen 2024 – Vorspann 05/24
„Ich wollte die Geschichte dieser Mädchen unbedingt erzählen“
Karin de Miguel Wessendorf über „Kicken wie ein Mädchen“ – Portrait 04/24
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24