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Das Vaterspiel

Das Vaterspiel
A/D/F 2008, Laufzeit: 117 Min., FSK 16
Regie: Michael Glawogger
Darsteller: Helmut Köpping, Christian Tramitz, Sabine Timoteo, Ulrich Tukur, Itzhak Finzi, Michou Friesz, Samuel Finzi, Franziska Weisz, Otto Tausig

Ein Wiener Nerd wird nach New York gerufen, um einen alten Nazi zu versorgen. Die Reise zwingt ihn zum Überdenken festgefahrener Prinzipien.

Nach seiner erschreckenden Dokumentation „Workingman’s Death“ und dem surrealen Drogentrip „Contact High“ wandert der österreichische Regisseur Michael Glawogger fleißig weiter durch die Genres und wagte sich an die Adaption des 600 Seiten füllenden Romans „Das Vaterspiel“ von Josef Haslinger. Es ist die Geschichte von Ratz (Helmut Köpping), einem österreichischen Nerd, der zurückgezogen lebt und an einem Computerspiel namens „Vaterspiel“ bastelt. Ein blutiger Ego-Shooter, in dem der Spieler haufenweise Passanten abballert, die allesamt das Gesicht des Vaters ziert. Ratz ist davon überzeugt, dass jeder Mensch den eigenen Vater hasst und verspricht sich kommerziellen Erfolg von seiner Idee. Da kommt es ihm gerade recht, dass ihn seine alte Studienfreundin Mimi (Sabine Timotei) darum bittet, sie in New York zu besuchen. Das verschafft Ratz Abstand vom verhassten Vater (Christian Tramitz), einem Politiker, und führt ihn zu etwaigen Produzenten, die sich für sein Spiel interessieren. Mimis Anliegen bringt Ratz derweil gehörig durcheinander: Sie bittet ihn darum, einen Keller auszubauen, in dem sich seit Jahrzehnten ihr Großvater, ein alter Nazi-Verbrecher, versteckt hält. Während die jungen Protagonisten abwägen, wie sie sich der Konfrontation mit einem greisen Mörder stellen sollen, springt der Film wiederholt zurück ins Jahr 1967 und gibt die Zeugenaussagen von Jonas Shtrom (Ulrich Tukur) wieder, dessen Vater von Mimis Opa ermordet wurde.

Es ist eine komplexe Vorlage, derer sich Glawogger annimmt. Der Filmemacher versucht, in seiner Adaption alle Plots zu bedienen. Ein ehernes Anliegen, das zum einen gelingt, zum anderen die Komplexität in 120 Minuten nur vergleichsweise oberflächlich spiegeln kann. Die kaputte Beziehung von Ratz zu seinem Vater, Mimis Hassliebe zum Opa, der ein Massenmörder ist, die Erinnerungen Shtroms, die Zerrissenheit der Nach-Nachkriegsgeneration – all das spinnt Glawogger zu einem vielschichtigen, verstörenden Drama, das die differenten Handlungsstränge aufgreift, dabei aber nur anreißen kann. Glawogger zeigt die Konflikte, ohne dabei die Figuren psychologisch ausreichend ergründen zu können. „In seinem Film legt Michael Glawogger Wert darauf, der Vielschichtigkeit und den multiplen Handlungssträngen gerecht zu werden“, sagt Buchautor Josef Haslinger treffend, „das heißt, er reißt vieles nur an und hat einige Shortcuts eingebaut. Statt den Film auf ein paar Haupthandlungen zu reduzieren, zeichnet er ein Panorama des Romans.“

Das Buch ist komplex – der Film wirkt komplex. Trotzdem weiß die Verfilmung mit tollen Darstellern und einer inspirierten Inszenierung zu überzeugen. Glawogger flechtet allerlei surreale Momente ein, findet eine spannende Balance zwischen

Alltagstristesse und sakraler Künstlichkeit. Das ist fesselnd und verstörend, auch wenn es die Tiefe erst im Kopf des Betrachters finden kann.

(Hartmut Ernst)

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