Der Junge im gestreiften Pyjama
USA/GB 2008, Laufzeit: 94 Min., FSK 12
Regie: Mark Herman
Darsteller: Asa Butterfield, Jack Scanlon, Vera Farmiga, Amber Beattie, David Thewlis, Sheila Hancock, Richard Johnson, Rupert Friend, Jim Norton, David Heyman, Cara Horgan
Der achtjährige Bruno zieht zu Beginn der 1940er Jahre mit seiner Familie von Berlin in die Nähe eines Konzentrationslagers, das sein Vater kommandiert. Ohne die Bedeutung des Ortes zu erfassen, freundet sich Bruno mit dem gleichaltrigen, internierten Juden Schmuel an.
Es gab schon einmal einen Versuch, die unfassbaren Gräueltaten des Dritten Reichs aus einer kindlich-naiven Perspektive filmisch aufzubereiten: Roberto Benigni gelang es 1998 ausgezeichnet, in „Das Leben ist schön“ Humor vor dem Angesicht des Grauens und des Todes zu entfalten. Als Vater eines kleinen Jungen, mit dem zusammen er in ein Konzentrationslager gebracht wird, macht er diesen glauben, das alles sei nur ein großes Spiel. Die Würde und Poesie, die der ansonsten für seinen eher grobschlächtigen Humor bekannte Komiker hier entfaltete, sind legendär und rechtfertigen die ungewöhnlichen Mittel. Bei Mark Herman ist es nicht der Humor, mit dem man dem schwierigen Thema begegnet, aber auch die unschuldige Perspektive des Kindes, welche die dahinter stehenden bitteren Realitäten kaum erfassen kann. „Der Junge im gestreiften Pyjama“ basiert auf einem Roman des irischen Schriftstellers John Boyne, der sich einerseits sehr gerne mit historischen Stoffen beschäftigt und andererseits in seinen Schilderungen auch gerne die hierbei eher ungewöhnliche Sichtweise eines Kindes einnimmt.
Auch Mark Hermans Filmadaption beschreibt die Vorkommnisse nahezu komplett aus der Sicht des achtjährigen Sohnes eines SS-Offiziers, der sich nach der Versetzung des Vaters in der neuen Umgebung langweilt und alsbald über den Stacheldrahtzaun zum Lager hinweg mit einem gleichaltrigen Insassen Freundschaft schließt. Was um sie herum vorgeht, ist so absurd, dass es teilweise noch nicht einmal die Erwachsenen begreifen – wie könnten es da die Kinder verstehen. Für Bruno ist es ein Spiel, Essen für Schmuel zu stibitzen und ihm dieses durch den Zaun zu reichen; aber auch Schmuel hat nicht genug Lebenserfahrung, um den plötzlichen Tod seiner Großeltern oder das spurlose Verschwinden seines Vaters richtig zu deuten. Mark Herman hat John Boynes Romanvorlage auf den Punkt hin umgesetzt, bleibt sowohl hinsichtlich des Schauplatzes als auch der handelnden Personen sehr eingeschränkt, was den einzelnen Szenen und Ereignissen ein umso größeres Gewicht verleiht. So gibt es ein zu Herzen gehendes Gespräch mit einem jüdischen Hausangestellten, der gelernter Arzt war, oder den entlarvenden Dialog des SS-Offiziers mit einem seiner untergebenen Soldaten, dessen Vater ins Ausland desertierte. Bei all diesen kleinen, präzise dramatisierten und bebilderten Vignetten bleibt man als Zuschauer Beobachter wie der kindliche Protagonist, wobei einem der Wissensvorsprung zu den tatsächlichen Hintergründen so manches Mal einen Kloß im Hals zurücklässt.
(Frank Brenner)
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